Wozu überhaupt noch Menschen?

Wir schreiben das Jahr 2050. Bis auf das leise Surren der Roboter herrscht gespenstische Stille in den Fertigungshallen. Der Fachkräftemangel ist Geschichte – intelligente Technologien haben das Kommando übernommen und den Menschen ersetzt. Braucht es da überhaupt noch eine Ausbildung zum Meister? Eine Reise in die Zukunft der technischen Berufe …

Die Automatisierung schreitet voran, vernetzte Technologien sind in der Industrie 4.0 gang und gäbe. Noch sind neben den Roboterarmen auch menschliche Arme am Werk, mittelfristig soll sich das aber eklatant ändern.

Markus Tomaschitz, Vice President Corporate Human Resources von AVL List, kann dieser Prognose wenig abgewinnen.

„Es wird in Zukunft nicht weniger Jobs geben, sondern andere. Durch die Industrie 4.0 entstehen neue Herausforderungen, die nicht von Maschinen gelöst werden können.“

Ein Beispiel dazu: Zwei Autos treffen aufeinander, der Vorrang ist nicht klar geregelt. Wenn Menschen im Auto sitzen, wird der Vorrang durch Kopfnicken oder eine andere Geste meist rasch geklärt. Wie aber funktioniert dies bei selbstfahrenden Autos? Bis die künstliche Intelligenz in der Lage sein wird, solche Problemstellungen zu lösen, wird es laut Tomaschitz noch sehr lange dauern. Und vor allem braucht es dazu sehr viel Know-how.

Aufschulen von Mitarbeitern

„Ständige Weiterbildung wird durch die Industrie 4.0 immer wichtiger. Wir arbeiten in diesem Bereich sehr gut mit dem WIFI Steiermark zusammen.“ Das breite Angebot – sowohl thematisch als auch für unterschiedliche Zielgruppen vom Lehrling bis zum Akademiker – sei einer der Gründe dafür. Und weil laut Tomaschitz nach wie vor ein akuter Fachkräftemangel besteht, setzt man auch stark auf Um- und Aufschulung von eigenen Mitarbeitern, etwa in den Bereichen alternative Antriebstechniken oder Software Engineering.

„Die Industrie 4.0 stellt neue Herausforderungen an die Mitarbeiter, für die es zeitgemäße Weiterbildungen braucht. Als Weiterbildungsinstitut der Wirtschaft tragen wir diesem Bedarf Rechnung und qualifizieren hier punktgenau“, betont Claus Rosenberg, Teamleiter Technik des WIFI der WKO Steiermark.

Absauge-Effekt

Den großen Bedarf nach Fachkräften bestätigt auch Peter Huber, Österreich-Geschäftsführer des Heiz-, Industrie- und Kühlsystem-Unternehmens Viessmann: „Es ist sehr schwer, qualifizierte Fachkräfte zu finden.“ Die Gründe dafür sieht Huber einerseits darin, dass sich nach wie vor zu wenige junge Menschen für eine technische Ausbildung entscheiden, andererseits – für ihn als Vertreter eines mittelständischen Unternehmens – aber auch in der Konkurrenz durch Industriekonzerne. „Da ist schon ein Absauge-Effekt zu verzeichnen.“

Auch für Huber ist die Qualifikation der eigenen Mitarbeiter zentral, für die er mit dem WIFI Steiermark zusammenarbeitet.

„Eine Maschine ist immer nur so gut, wie sie vom Menschen gemacht wird. Auch wenn die Digitalisierung voranschreitet – Kreativität und Fachwissen werden immer vom Menschen kommen.“

Meister wird wichtiger

Ein klares Zeichen für dieses Fachwissen ist für den Unternehmer der Meisterbrief, der laut Huber „auf jeden Fall noch gebraucht wird. Der Meister steht für Vertrauen, das ist im digitalen Zeitalter genauso wichtig wie in der analogen Vergangenheit. Ich weiß als Unternehmer, dass ich meinem Meister vertrauen kann und der Kunde weiß das auch.“

Es steht für den Geschäftsführer außer Frage, dass die Industrie 4.0 weiter voranschreiten wird. „Da hat sich schon vieles verändert und wird sich noch vieles verändern. Die Mitarbeiter müssen schon heute mit den digitalen Tools gut umgehen können. Aber Angst, dass der Computer den Installateur irgendwann ersetzt, braucht keiner zu haben.“

Moderne Werkstätten

Der Umgang mit digitalen Tools ist in den WIFI-Technikausbildungen gelebte Praxis. Martin Selbert, selbstständiger KFZ-Techniker und Trainer u.a. an der WIFI-Meisterschule für KFZ-Techniker, nennt einige Beispiele: „Anstelle der alten Vergasertafeln haben wir neue Sensorentafeln und wie man ein CAN-Bus Signal ausliest und bewertet, muss man heute schon bei der Lehrabschlussprüfung wissen.“

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Bereits seit über 30 Jahren unterrichtet Hubert Bayer, hauptberuflich im Kundendienst bei der Firma S-TEC, an unterschiedlichen technischen Ausbildungen am WIFI Steiermark – vom KFZ- bis hin zum Elektrobereich. „Aus dem klassischen Automechaniker ist ein Systemtechniker geworden, der die Zusammenhänge zwischen den Systemen kennen muss und eine schnelle Auffassungsgabe braucht.“

Kann man das lernen? Ja, kann man. Der beste Weg dorthin ist ein altbekannter: laufende fachliche Weiterbildung. Aus seinem Berufsalltag weiß WIFI-Trainer Bayer auch, dass man damit nicht nur seinen Arbeitsplatz absichert, sondern auch beim Kunden punktet:

„Ein Auto ist heute viel zu komplex, um als Laie alle Systeme verstehen zu können. Die Kompetenz des KFZ-Technikers ist daher umso mehr gefragt und wird von den Kunden auch goutiert.“

Titelbild: © phonlamaiphoto – Fotolia.com
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