Geistiges Eigentum: 5 Fragen und Antworten

Ein Mitarbeiter entwickelt eine neue Software und scheidet danach aus dem Unternehmen aus. Wessen geistiges Eigentum ist die Software? Wie sieht die Lage bei Freelancern aus? Und wenn ich geistiges Eigentum kaufe – egal ob ein Logo, eine Guideline für den Recruiting-Prozess oder ein Medikament – inkludiert das automatisch auch die Nutzung?

Rund um das Thema geistiges Eigentum (Intellectual Property – IP) gibt es viele offene Fragen. IP-Spezialist und Rechtsanwalt Stefan Schoeller beleuchtet diese beim WIFI-Arbeitsrechtstag am 23. Oktober 2017. Hier ein erster Einblick in das Thema in Form von 5 Fragen und Antworten.

Foto von Dr_ Schoeller
IP-Spezialist und Rechtsanwalt Stefan Schoeller, Referent beim WIFI-Arbeitsrechtstag

Einer Ernst & Young-Studie zufolge, gibt es beim Schutz von geistigen Eigentum noch viel Potenzial: 20 Prozent der Unternehmen sensibilisieren ihre Mitarbeiter zum Thema IP-Schutz gar nicht. In Zeiten der zunehmenden Vernetzung und Online-Präsenz kann Nutzungsmissbrauch – auch wenn er irrtümlich erfolgt ist – schnell teuer zu stehen kommen. Eine Beschäftigung mit dem Thema lohnt sich daher allemal – für Mitarbeiter und Unternehmen.

1. Wann entsteht das Recht am geistigen Eigentum?

Schoeller: „Das Urheberrecht entsteht im Moment der eigentümlichen geistigen Schöpfung, es muss nirgends registriert oder eingetragen werden. Das Urheberrecht entsteht also im Moment der Programmierung der Software, beim Drücken des Fotoauslösers oder der Erstellung der Datenbank. Vom Moment des Entstehens des Urheberrechtes zu unterscheiden ist die dann anschließende Rechteübertragung vom Schöpfer auf den oder die Nutzungsberechtigten.“

2. Und was bedeutet das in einem Dienstverhältnis?

„Der angestellte Dienstnehmer kann etwa mittels Dienstvertrag oder Kollektivvertrag von vorne herein zur Übertragung der Nutzungsrechte an dem von ihm geschaffenen Werk verpflichtet sein“, weiß Schoeller. Allerdings: „Nicht eindeutig ist dies aber bei freien Dienstnehmern oder Werkunternehmern, wie sie in der Berufspraxis als Freelancer oft tätig sind; hier muss vom Juristen eine für das Unternehmen sichere Rechteübertragung vereinbart werden.“

Urheber vs. Nutzungsberechtigter

„Bei Marken oder Kennzeichen ist auch wieder zwischen einerseits dem Urheber und andererseits dem Nutzungsberechtigtem zu unterscheiden.“ Der Angestellte oder externe Grafiker, der das Logo schafft und individuell gestaltet ist Urheber, der dann die Nutzungsrechte an seine Auftraggeber oder Dienstgeber überträgt.

3. Ist „geistiges Eigentum“ übertragbar?

„Das Urheberrecht steht immer nur der natürlichen Person zu, die es geschaffen hat. Von dieser sind die Nutzungsrechte mittels vertraglicher Vereinbarungen oder auf Grund gesetzlicher Anordnungen auf Dritte übertragbar. Diese Nutzungsrechtsvereinbarungen können zeitlich, räumlich und hinsichtlich der Verwertungsarten angepasst werden, auch kann der Urheber selbst auf das Namensnennungsrecht verzichten und Veränderungen und Bearbeitungen werden seiner geistigen Schöpfungen zustimmen“, so der IP-Experte.

4. Sollten Arbeitsverträge Regelungen bzgl. IP enthalten? Worauf ist dabei zu achten?

„Bei Arbeitsverträgen sollte aus Sicht des Dienstgebers immer eine präzise Regelung über die Nutzungsrechte und Übertragbarkeiten der vom Dienstnehmer oder Werkunternehmer des geschaffenen geistigen Eigentums enthalten.“

Fotos von Angestellten

„Während im Softwarebereich eine gesetzliche Regelung besteht, ist zB die Frage der Nutzungsrechte und Fotos von Angestellten, die dafür nicht extra bezahlt werden, einigermaßen unklar und vertraglich zu regeln.“

Regeln im Dienstvertrag

Diensterfindungen können vom Dienstgeber überhaupt nur dann aufgegriffen werden, wenn der Dienstvertrag eine schriftliche Regelung enthält oder dies (tatsächlich ist dies nur in wenigen Fällen positiv geregelt) der Kollektivvertrag solche Aufgriffsregeln enthält (siehe dazu § 7 ff PatentG).

5. Was sind häufige Fehler, die in diesem Bereich passieren?

Eigentum ≠ Nutzungsrecht

„Von Seiten meiner Mandanten wird auf Unternehmenseite oft der Standpunkt vertreten, dass der Eigentumserwerb an einem geistigen Eigentum auch zur umfassenden Nutzung berechtigt. Dies ist tatsächlich nicht der Fall, es bedarf detaillierter Nutzungsregelungen oder Übertragungsakte, damit der Unternehmer ungefährdet für ihn erstelltes geistiges Eigentum verwerten, bearbeiten und weiterübertragen kann.“

 Fehlen von dienstvertraglichen Regeln

„Häufig fehlt es an eindeutigen dienstvertraglichen Regelungen, die das Aufgriffsrecht des Dienstgebers für Diensterfindungen – die beim Dienstnehmer zum Anspruch auf eine angemessene Vergütung führt – vorsehen. Eine „beliebte“ Falle ist es auch, dass die Regelung für die Fortbenutzung von Sonderschutzrechten und geistigem Eigentum vorgesehen ist, wenn der Dienstnehmer ausscheidet, z.B. müssen die Nutzungsrechte an Fotos, Grafiken, Entwürfen oder Plänen auch für den Zeitpunkt des Ausscheidens vertraglich positiv geregelt werden. Ein häufiger Streitpunkt besteht darin, dass das Persönlichkeitsrecht des Urhebers nicht klar geregelt ist, so ist es etwa vertraglich ganz einfach, wer im Zusammenhang mit dem geistigen Eigentum als dessen Schöpfer zu nennen ist, ob daran vom Urheber bestanden ist, oder er darauf verzichtet.“

1. WIFI-Arbeitsrechtstag

Eine einmalige Chance auf kompaktes Wissens-Update: 5 Experten erläutern, was man in Sachen Arbeitsrecht wissen muss – von Crowdworking über Scheinselbstständigkeit und geistiges Eigentum bis hin zu Lohndumping-Fallen und aktueller OGH-Judikatur.

Titelbild: © Sunny studio – Fotolia.com
Fotocredit Schoeller: ©pmsp GmbH & Co KG

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