Google und Amazon wissen genau, was wir uns zu Weihnachten wünschen. Algorithmen und Cookies tragen das Ihre dazu bei, dass sich ein immer größerer Anteil des Weihnachtsgeschäfts-Kuchens ins Internet verlagert. Zeit für den stationären Handel, sich bei den „Cookie“-Bäckern das eine oder andere abzuschauen – um dem Kunden klar zu machen, warum Shopping vor Ort immer noch am schönsten ist.
„Schönen guten Tag! Kann ich Ihnen helfen?“ Egal ob man gerade nach dem passenden Outfit für die Weihnachtsfeier sucht oder es am Ausstecher für die Weihnachtsbäckerei fehlt: Der eingangs erwähnte Satz ist als Klassiker für einen Einstieg ins Verkaufsgespräch bekannt.
Wer bei Verkaufsexperten Lothar Lackner, Leiter von Diplomlehrgängen für Verkäufer und Verkaufsleiter am WIFI Steiermark, eine Ausbildung absolviert hat, weiß allerdings: Ein guter Verkäufer verwendet diesen Satz nicht, sondern geht individuell auf den Kunden ein – er verfolgt den Weg des Käufers im Geschäft, ähnlich wie es die Cookies online machen. Wenn der Kunde sich erst einem schwarzen Kleid und dann einer Handtasche widmet, fragt der Verkäufer: „Wie gefällt Ihnen die Handtasche zum schwarzen Kleid?“ „Der Kunde als Mensch muss in den Mittelpunkt des Verkaufsprozesses gerückt und entsprechend seines Kundentypus behandelt werden“, weiß Lackner. Dem „Beziehungstypen“ ist das persönliche Gespräch wichtiger, er mag auch Smalltalk. Den „Buchhaltungstypen“ interessieren mehr die Fakten.

Professionelle Reklamation
Dieses persönliche Eingehen auf Kundenwünsche wird laut Lackner im stationären Handel immer wichtiger, weil es die Menschen aus der Onlinewelt gewohnt sind, wo Produktvorschläge mithilfe von Cookies automatisch generiert werden („Könnte Sie auch interessieren …“).
Daneben gibt es aus Sicht von Lackner noch einen weiteren Aspekt, bei dem man von Onlineshops lernen kann: der Umgang mit Reklamationen.
„Über 80 Prozent der Kunden im stationären Handel reklamieren nicht obwohl sie unzufrieden sind, sondern kaufen einfach beim nächsten Mal woanders ein.“
Den Aufwand einer Reklamation tun sich die wenigsten an. „Wenn der Kunde aber weiß, dass die Reklamation so professionell abläuft wie zum Beispiel bei Amazon, ist das sicher anders und man hat die Chance, den Kunden für länger zu gewinnen.“
Das richtige Rezept kennen
Dass am Onlinehandel mittlerweile auch kein stationäres Geschäft mehr vorbei kommt, versteht sich fast von selbst. Lackner warnt aber:
„Es ist absolut nicht für jeden das Richtige, einfach zusätzlich zum stationären Geschäft einen Onlineshop anzulegen. Dass der Kunde die Produkte von zuhause aus bestellen kann, reicht nämlich längst nicht als Mehrwert.“
Was genau der Mehrwert für die jeweiligen Kunden ist, gilt es individuell herauszufinden. Dazu muss man aber auch wissen, welcher Zutaten man sich bedienen kann, um dem Kunden einen schmackhaften Kuchen zu backen.
Und: Man muss sie richtig zusammenmischen. WIFI-Leiter Martin Neubauer: „Die Digitalisierung ist nichts, das man im Unternehmen einfach installieren kann. Das Ganze ist eine Managementaufgabe und ein langfristiger Prozess, für den es fachliche Qualifikation ebenso braucht wie Managementkompetenzen.“ Deshalb ist auch das Bildungsangebot am WIFI Steiermark – der Bildungsinstitution der steirischen Wirtschaft – breit gefächert: von Einzelseminaren über Diplomlehrgänge für eCommerce und Verkauf bzw. Handel bis hin zu den Akademischen Lehrgängen Designing Digital Business und Handelsmanagement.
Die passende Mischung
Der Diplomlehrgang Digitalmarketing & eCommerce Professional wird von Reinhard Neudorfer geleitet, der schon zahlreiche Digitalunternehmen im In- und Ausland aufgebaut hat. Auch er betont:
„Ein Onlineshop ist nicht immer die richtige Lösung. Es gibt darüber hinaus noch eine Vielzahl an anderen Marktplätzen und Möglichkeiten, über die man die Zielgruppe erreichen kann.“
Vor allem sei das Ganze keine „Entweder-Oder-Frage“ – Stichwort ubiquitärer Handel, d.h. die Verbindung von Online- und Offline-Shopping. Dass man sich vorher online informiert, bevor man in ein Geschäft geht – was laut Neudorfer mittlerweile fast 100 Prozent der Kunden tun – ist ein klassisches Beispiel dafür. Verkäufer sollten dies nicht als „Konkurrenz“ sehen, sondern Geschäftsmodelle daraus generieren.

Kleine Schritte machen
Ein Beispiel: Der Keksausstecher in Smiley-Emoticons-Form ist im Geschäft derzeit ausverkauft. Der Verkäufer sorgt aber mit wenigen Klicks auf seinem Tablet direkt während des Kundengesprächs dafür, dass der gewünschte Keksausstecher zum Kunden nachhause geliefert wird. Ein anderes Beispiel: das Bezahlen über Smartphones. „In den USA und in England ist das längst selbstverständlich geworden“, weiß Neudorfer. Er betont aber: „Kleine Schritte machen. Sich erst das erforderliche Wissen aneignen, die Mitarbeiter ausbilden und dann umsetzen.“ Auch das Umsetzen sei ein langfristiger Prozess. „Es reicht nicht, online präsent zu sein, ich muss ja auch gefunden werden“, spricht der Experte das Marketing an. Auch hier ist Know-how unerlässlich. Es gibt immer mehr Möglichkeiten im Online-Marketing, die man in beide Richtungen nutzen kann: Die Botschaften noch besser an die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden anzupassen, aber auch ihn mit zu vielen (Werbe)botschaften auf unterschiedlichen Kanälen zu „vergraulen“.
Nicht zu süß
Aus Sicht von Toni Monsberger, Leiter des Akademischen Lehrgangs für Handelsmanagement am WIFI Steiermark, ist die Digitalisierung des Handels neben der technischen Herausforderung – „diese lässt sich mit den richtigen Experten und einem gewissen Budget gut bewältigen“ – vor allem eine menschliche. „Man muss bei der Digitalisierung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit ins Boot holen und auch ihre Ängste ernstnehmen.“
Die naheliegende Befürchtung: Kundenfragen werden bald nur mehr von Siri & Co. beantwortet, Self-Service ersetzt die Kassiererinnen und Kassierer. Monsberger bringt es auf den Punkt:
„Im Verkauf geht es letzten Endes immer darum, die individuellen Bedürfnisse des Kunden möglichst gut zu erfüllen und die Digitalisierung hat diese eben verändert. Es wäre eine viel größere Gefahr für die Arbeitsplätze, wenn man sich als Unternehmen hier nicht anpasst.“
Neben der Digitalisierung gibt es aber auch viele andere Entwicklungen, die eine Rolle spielen – etwa der Trend zur Nachhaltigkeit bzw. Regionalität oder jener, dass immer mehr Menschen unter dem Informationsüberfluss leiden. Wie auch beim Kekse backen ist es eben eine Frage der richtigen Dosis. Ohne Zucker wird sie keiner kaufen. Aber zu viel Zucker bekommt einem auf Dauer auch nicht gut.

Weiterbildung für den (Online)handel
- MSc Designing Digital Business
- MSc Handelsmanagement
- Diplomlehrgang Verkauf im Außendienst
- Diplomlehrgang Verkauf im Innendienst
- Diplomlehrgang Verkauf im Handel
- Diplomlehrgang Verkaufsleiter
- Diplomlehrgang Digitalmarketing & eCommerce Professional
- etc.
Nähere Infos und Chat-Beratung auf www.stmk.wifi.at.
Fotos: © Lackner, Königshofer, Loske
Titelbild: © dgmphoto – Fotolia.com
Ein Gedanke zu “Cookies haben nichts mit Weihnachten zu tun”