Wie funktioniert Mitarbeiterführung im modernen Tourismus?

Die Österreicher urlauben gern daheim: Urlaubsziele im eigenen Land liegen auch 2019 voll im Trend. Und auch bei ausländischen Touristen bleibt Österreich eine beliebte Destination. Trotz ausgelasteter Unterkünfte kämpft der heimische Tourismus aber mit Problemen – allem voran mit dem Fachkräftemangel.

Thomas Scheuchl ist Personalchef der steirischen Therme Rogner Bad Blumau und Vortragender im WIFI Steiermark Lehrgang „Hotel- und Tourismusmanagement“. Er sieht die Betriebe in der Pflicht, lebensphasenorientiert und flexibel mit den Mitarbeitern zu arbeiten. Denn was den Mitarbeitern nutzt, kommt am Ende auch dem Betrieb zugute.

Mitarbeiterführung Tourismus Rogner Bad Blumau Thomas Scheuchl
Thomas Scheuchl ist Personalchef der steirischen Therme Rogner Bad Blumau und Vortragender im WIFI Steiermark Lehrgang „Hotel- und Tourismusmanagement“.

Herr Scheuchl, welchen Herausforderungen muss sich das HR-Management im modernen Tourismus stellen?

Es ist kein Geheimnis, dass die Tourismusbranche unter dem Fachkräftemangel leidet. Mitarbeiter bleiben selten lange im selben Betrieb, lehnen Saisonarbeit ab oder wechseln die Branche ganz. Das ist auch verständlich. Freizeit und Flexibilität werden auch für Angestellte im Tourismus immer wichtiger. Darum ist es Aufgabe der Führungskräfte, auf diese Anforderungen zeitgemäß zu reagieren. Um Mitarbeiter zu halten, sind viele kleine Bausteine notwendig.

Welche Bausteine sind das?

Da wären zum Beispiel geregelte Arbeitszeiten bzw. Arbeitszeitmodelle, die auf die Mitarbeiter Rücksicht nehmen. Von geringfügiger Beschäftigung bis Vollzeit sollte alles möglich sein, Teildienste am besten entfallen. Und das alles mit festen Absprachen und minutengenauer Zeiterfassung. Das gibt Sicherheit, die Mitarbeiter im Tourismus einfach brauchen. Dort, wo der Gast bedient werden muss, ist es natürlich nicht immer möglich, Gleitzeitmodelle oder ähnliches einzuführen. Dennoch ist es wichtig, die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter bei der Dienstplanung mit einfließen zu lassen. Das hat etwas mit Wertschätzung zu tun – das A und O für ein zufriedenstellendes Betriebsklima. Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse einzubinden, ihre Sicht der Dinge zu berücksichtigen und ihre Meinungen ernst zu nehmen gibt ihnen das Gefühl, Teil eines Ganzen zu sein. Und das sind sie auch!

Mitarbeiterführung Tourismus Rogner Bad Blumau
Die Therme Rogner Bad Blumau ist ein wichtiger Arbeitgeber in der Tourismusregion Südost.

Können Sie uns dazu Beispiele aus Ihrem eigenen Betrieb nennen?

Im Rogner Bad Blumau planen wir lebensphasenorientiert. Wie in jedem anderen Betrieb können sich die Umstände bei den Mitarbeitern ändern. Junge Arbeitskräfte werden älter, bekommen Familie, haben andere Prioritäten. Ältere Mitarbeiter können irgendwann vielleicht nicht mehr in dem Bereich arbeiten, in dem sie jetzt tätig sind. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben des HR-Managements, diese Veränderungen im Betrieb einzuplanen. Der Mensch muss im Mittelpunkt stehen. Darum gibt es im Rogner Bad Blumau ein großzügiges Angebot für Mitarbeiter, das auch gern genutzt wird. Zum Beispiel eine hauseigene Kinderbetreuung, ein Mitarbeiter-Restaurant, Vergünstigungen im Wellness-Bereich, gratis Eintritt in die Therme und so weiter. Das hat nicht nur den Vorteil, dass sich die Mitarbeiter selbst etwas Gutes tun können, sondern sie lernen auch den Betrieb noch besser kennen.

Wir stecken grundsätzlich viel Zeit und Geld in die Zufriedenheit unserer Mitarbeiter. Aber das ist es uns auch wert. Wir sind als Familienbetrieb etabliert und wollen auch weiterhin miteinander arbeiten – nicht gegeneinander.

Wie wichtig ist Weiterbildung in Ihrem Betrieb?

Wir arbeiten in diesem Bereich unter anderem mit dem WIFI Steiermark zusammen und bieten unseren Mitarbeitern kostenlose Weiterbildungsmöglichkeiten an. Das meiste davon auf freiwilliger Basis, abgesehen von den Lehrlingen. Sie sollen schon von Beginn an das richtige Werkzeug für ihre Arbeit erhalten – etwa im Bereich Kommunikation, Verkauf oder Knigge.

Auch Umqualifikationen sind ein Thema, wenn sich die Voraussetzungen, Interessen oder Umstände eines Angestellten ändern. So können wir Mitarbeiter auch langfristig im Betrieb halten.

Sie bilden im Rogner Bad Blumau Lehrlinge aus. Wie können sie nach dem Abschluss im Betrieb gehalten werden?

Lehrlinge sind eine unserer wichtigsten Ressourcen. Denn wenn nur wenige neue Fachkräfte nachkommen, dann müssen wir sie eben „produzieren“. Das Rogner Bad Blumau ist einer der größten Lehrlingsausbildner in der Region – aktuell bilden wir 44 Lehrlinge in 11 verschiedenen Berufen aus. Mit Maßnahmen wie der Rogner-Akademie, hochwertigen Schulungen, Lehrlingsausflügen, Belohnungen bei besonderen Leistungen oder Auslandspraktika versuchen wir, die Lehre bei uns noch attraktiver zu gestalten. Natürlich ist es ganz normal, dass einige Lehrlinge unsere Therme verlassen werden. Für die, die bleiben wollen, gehen wir in gewisse Vorarbeit, schaffen Stellen oder koordinieren sie als Vertretung für Karenzler. Aber man sieht: Flexible Planung ist in der Mitarbeiterführung alles.

Etwas, worauf wir besonderen Wert legen, ist die Lehre mit Matura, in Zusammenarbeit mit dem WIFI Steiermark. Viele Tourismusbetriebe schrecken davor zurück, weil sie Angst haben, dass ihnen die Lehrlinge damit noch „schneller“ abhandenkommen. Aber es ist ein Fakt, dass den Lehrlingen damit nach der Ausbildung noch viel mehr Türen offenstehen, und das wollen wir fördern.

Mitarbeiterführung Tourismus Rogner Bad Blumau
Mit der Bildungsoffensive in der Tourismusregion Südost hat die Therme Rogner Bad Blumau ein Projekt für die Weiterbildung von Mitarbeitern ins Leben gerufen.

Sie haben gemeinsam mit dem WIFI Steiermark und weiteren Betrieben in der Tourismusregion Südost eine Bildungsoffensive gestartet. Was ist das Ziel dieser Kooperation?

Wir haben uns für diese Zusammenarbeit mit anderen Betrieben in der Region zusammengeschlossen, die ebenso viel Wert auf Weiterbildung legen wie wir. Durch das Kostensplitting sind wir in der Lage, eine Vielzahl an Schulungen anzubieten, die unsere Mitarbeiter freiwillig in Anspruch nehmen können – zum Beispiel Sprachunterricht, Telefon-Training, Konfliktschulungen, Spezial-Training für Servicemitarbeiter und vieles mehr. Wir nutzen diese Offensive auch, um schwerpunktmäßig Themen anzustoßen, die in den nächsten Jahren im Tourismus wichtig werden. Dort, wo wir Bedarf sehen und mehr Qualität brauchen, setzen wir an und schulen unsere Mitarbeiter gezielt und professionell. Das ist ein Vorteil für alle: Gut ausgebildetes Personal sorgt für Zufriedenheit bei den Gästen und damit auch für die Wirtschaftlichkeit der Tourismusbetriebe in der gesamten Region.

 

Alles zum WIFI-Lehrgang „Hotel- und Tourismusmanagement“:

 

Fotos: WIFI Steiermark, Rogner Bad Blumau © Hundertwasser Architekturprojekt

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