30 Sekunden Aufmerksamkeit – was macht ein tolles Interview aus?

Meine Damen und Herren, dürfen wir vorstellen: Das ist Gregor Waltl, in Medienkreisen auch gerne „Der Waltl“ genannt. Er ist uns als vielseitiger, wortgewaltiger, humorvoller und feinfühliger Radio-, TV-, PR-, Film- und Video-Mann in allen Genres bekannt. Außerdem als TV-Redakteur und Moderator bei Servus TV sowie als WIFI-Lehrgangsleiter für die Ausbildung zum Radio- und TV-Moderator / Redakteur  Die können wir allen wärmstens ans Herz legen, die einen Berufswunsch in Richtung Redaktion oder Moderation haben. Dabei denken wir auch an explodierende Sparten wie Internet-TV und -Radio, Podcasts. Radiomoderation in Lebensmittelketten oder die Videoerstellung für Firmen und Privatveranstaltungen.

Unsere heutige Frage an Gregor Waltl lautet: Was macht ein tolles Interview aus?

30 Sekunden Aufmerksamkeit

„Wer es nicht schafft, seine Zuhörer bzw. Zuschauer innerhalb von 30 Sekunden zu überzeugen, hat den Beitrag umsonst gemacht. Länger darf der Ausschnitt nicht sein, sonst hört oder schaut keiner mehr zu. Dieser Leitsatz steht über allem!“ Um das zu schaffen, sagt Gregor Waltl, brauchen wir nicht nur Information, sondern vor allem Emotion! Genau das sollten wir neben der Recherche im Vorfeld bereits berücksichtigen. Um den Interviewpartner gefühlvoll auf die Fragen hinführen zu können, ist allerdings Menschenkenntnis gefragt.

Niemals, niemals, niemals!

(Ungeübte) Moderatoren kämpfen häufig mit ihren Interviewpartner/innen um die Vorherrschaft, was das Thema betrifft. Verständlich, schließlich wollen nicht nur Politiker lieber ihre eigenen Inhalte darstellen, als auf unangenehme Fragen Antwort zu geben. „Wir dürfen uns das Thema aber keinesfalls aufzwingen lassen. Wir müssen immer der Herr / die Frau im Ring bleiben“, warnt der Profi. Aber egal, welches Interview man führen will, unvorbereitet hineinzugehen, ist ohnehin ein absolutes No-Go. „Das darf niemals, niemals, niemals passieren!“ Ob die Vorbereitung schriftlich oder in Gedanken passiert, hängt allerdings von unserem Können und der Erfahrung ab.

Dürfen wir beim Interview ins Bild?

Wenn wir TV- oder Video-Reporter sind, zeichnen wir nicht nur für das Interview verantwortlich, sondern auch für den Hintergrund. Gregor Waltl: „Das Bild ist wie ein Subtext, damit sende ich bereits eine inhaltliche Botschaft aus. Das kann informativer Natur sein oder emotional und betrifft auch den Background, wo ich meinen sogenannten ‚Antexter’ mache, also die einleitenden Worte spreche.
Apropos Bild: Sind wir selbst mit im Bild, muss das einen klaren Grund haben: Wenn wir als Redakteure zum Beispiel als Experte, Expertin in einer Sache auftreten oder exklusiv vor Ort sind. Damit sehen und spüren die Zuhörer / Zuschauer, dass das eine persönliche Reportage ist. Handelt es sich dagegen um eine „ganz normale Katastrophe“, haben wir nichts im Bild zu suchen. Es ist ja nicht unser Problem, wir berichten nur darüber.

Nochmals zu den 30 Sekunden …

Für ein tolles Interview gehören immer mindestens zwei. „Unsere Interviewpartner müssen es drauf haben, ihre Botschaft innerhalb von 30 Sekunden auf den Punkt zu bringen. Profis können das selbstverständlich. Wenn allerdings nix G’scheites kommt, verwenden wir einfach etwas, wo das Gegenüber nicht ganz sattelfest war. Das generiert Emotionen, da hört oder schaut das Publikum dann ziemlich sicher hin.“ – Gregor Waltl hat es wie alle Reporter hin und wieder gehörig hinter den Ohren: „Vor solchen Situationen haben vor allem Politiker am meisten Angst“, meint er schmunzelnd und setzt hinzu: „Außer sie haben gerade einen Wahlerfolg hinter sich. Dann schwelgen sie gerne in inhaltlosen Emotionen.“

Zusatz Waltl: „Wenn ein Politiker, eine Politikerin nicht bereit ist, Tag und Nacht Antworten auf aktuelle Fragen zu geben, hat er / sie ihren Job verfehlt.“

Das Interview – ein Dolchstoß

Vor allem bei investigativen Geschichten, die ein schwieriges, aktuelles Thema betreffen, müssen wir die Frage perfekt auf Punkt und Komma vorbereitet haben. „Bevor wir den Dolch ansetzen, können wir unseren Interviewpartner allerdings noch aufbereiten.“ – Jetzt wird’s wirklich spannend! – „Dazu stellen wir anfangs zwei bis drei Wohlfühlfragen, die uns das Gegenüber wohlgesonnen machen. Und dann – stoßen wir mit unserer Frage zu!“ Faszinierend, dass so ein Allerweltrezept (fast) immer funktioniert. Waltl verwendet in solchen Situationen oft auch die Einleitung „Bei allem Respekt, Herr, Frau Soundso …“ – ja und dann folgt der Dolchstoß. Man könnte meinen, das wäre gemein. Aber das Publikum hat ein Recht auf Information.

Highlights eines Reporters

Er habe nur einen gegeben, der sich nie ein Statement zu einem aktuellen politischen Thema hätte abringen lassen“, erzählt Gregor Waltl. Und das sei Bundespräsident Heinz Fischer gewesen.
Als eines der längsten Interviews ist ihm eins mit dem Stainzer Schauspieler und Autor Gustl August Schmölzer in Erinnerung: „Es sollte ganz schnell gehen, er hat nur wenige Minuten für mich reserviert. Und dann hat es ihm so gefallen, dass ich Aufzeichnungen über eine ganze Stunde hatte – und das für einen Drei-Minuten-Beitrag! Auch eine Herausforderung.“

Als extrem launigen Interviewpartner ist ihm auch Marcel Hirscher begegnet: „Wenn ihm die Fragen zu langweilig und dumm waren, hat er angefangen zu lächeln und nur noch ja, nein und vielleicht gesagt. Nur zu fragen, wie man sich fühlt, ist halt auch bei einem Sportler zu wenig!“

Als Radio- und TV-Moderator/in hat man viele spannende Begegnungen – finden Sie das auch so anziehend? 

Fotos: Waltl / Foto Fischer

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