Sechs Schritte bei unberechtigten Kundenbeschwerden

Fast jeder Verkäufer kennt, aber fürchtet sie auch: Kundenbeschwerden. Wenn mit Produkt oder Dienstleistung etwas nicht in Ordnung ist, sind Geduld und Kulanz gefragt. Aber was tun, wenn die Kundenbeschwerde unberechtigt ist? Eine Antwort nach Schema F gibt es zwar leider nicht. Aber in sechs Schritten lässt sich oft nicht nur eine Lösung finden, sondern auch die Kundenzufriedenheit steigern.

Reklamationen sind im Verkauf eine unangenehme Angelegenheit. Nicht nur, weil sie Aufwand bedeuten (können), sondern auch, weil sie zur Selbstreflexion zwingen. Ist etwas nicht nach Plan gelaufen? Gibt es Probleme in der Abwicklung, in der Produktentwicklung oder im Service? Generell gilt es, von Anfang an festzulegen, wie man Reklamationen bearbeitet und welches Ergebnis sie bringen sollen. Das oberste Ziel sollte immer sein, den Kunden als solchen zu behalten und darauf das Beschwerdemanagement auszurichten.

Anders und doch ähnlich verhält es sich bei Kundenbeschwerden, die unberechtigt sind. Sei es, weil der Kunde ein Produkt falsch bedient oder einen Defekt verursacht hat, dem kein Material- oder Produktionsfehler vorausging. Gerade dann ist eine professionelle Abwicklung der Reklamation umso wichtiger. Denn: Beschwerden sind auch eine Chance und ein Kundenbindungstool, wenn man richtig mit ihnen umgeht. Was macht man also, wenn sich ein Kunde unberechtigt beschwert?

Thomas Pfummerl ist Verkaufstrainer am WIFI Steiermark.

Schritt 1: Die Reklamation emotional wahrnehmen.

Die wichtigste „Regel“ gilt es, gleich zu Beginn zu beherzigen: Menschen wollen das Gefühl haben, Recht zu behalten. Darum sollte ein Verkäufer einen Kunden von Anfang an in seinen Emotionen bestätigen und sie nicht kleinreden. „Unberechtigt“ bedeutet nämlich nicht „grundlos“! Ein Defekt an einem Produkt kann für einen Kunden sehr lästig und aufwühlend sein, auch wenn er ihn unter Umständen selbst verursacht hat. Deshalb ist es ratsam, der Beschwerde von Anfang an mit Verständnis zu begegnen („Das ist unangenehm, ich kann verstehen, dass Sie das ärgert“).

Schritt 2: Dem Kunden aktiv zuhören.

Im Verkaufsgespräch wie im Beschwerdemanagement ist aktives Zuhören der Schlüssel zur Kundenzufriedenheit. Denn Kunden wollen ernstgenommen werden. Durch Zuhören, Nachfragen und Paraphrasieren (die Worte des Kunden in eigenen Worten wiederholen) erkennt man die Details der Kundenbeschwerde genauer und fasst das Problem verständlich zusammen. So holt man den Kunden von seiner emotional aufgeladenen auf eine Ebene herunter, auf der man neutral diskutieren kann.

Schritt 3: Dem Kunden Bedauern ausdrücken und eine Lösung suchen.

Eine Lösung findet man am besten gemeinsam. Denn der Kunde hat ein Bedürfnis, das es zu stillen gilt, während der Verkäufer die Möglichkeiten kennt, die ihm zur Verfügung stehen. Einem aufrichtigen Ausdruck des Bedauerns („Es tut mir leid, dass Sie deshalb Unannehmlichkeiten gehabt haben“) sollte also gleich eine aktive Lösungsfindung folgen. Gibt es Ersatzprodukte, die ich anbieten kann? Kann ich dem Kunden das Produkt noch einmal erklären? Oder biete ich einen Austausch an? Eine Lösung zu suchen bedeutet nicht, dass man seine Schuld eingesteht – schon gar nicht bei unberechtigten Beschwerden. Aber es vermittelt dem Kunden, dass man ihn mit seinem Problem nicht allein lässt.

Schritt 4: Gemeinsam mit dem Kunden entscheiden, was zu tun ist.

Hat man die möglichen Lösungen erörtert, entscheidet man zusammen, welche angewendet werden soll. Forderungen des Kunden, die nicht umsetzbar sind – wie Rückerstattungen –, können z.B. mit einer sogenannten „Ja-Nein-Ja“-Reaktion beantwortet werden: „Ich verstehe, dass Sie verärgert sind und Ihr Geld zurückhaben wollen. Leider ist es mir nicht möglich, den Kaufbetrag zu erstatten. Ich kann Ihnen aber ein gleichwertiges Ersatzprodukt anbieten.“

Schritt 5: Den eigenen Worten Taten folgen lassen.

Das Beste, das ein Verkäufer nach einer Reklamation tun kann, ist sein Wort zu halten und schnell zu handeln. Mit einer schnellen Bearbeitung der Beschwerde überrascht man dem Kunden und gibt ihm das Gefühl, dass man sich um ihn bemüht. Auch wenn es paradox klingt: Eine erfüllte Reklamation ist das beste Mittel, um die Zufriedenheit zu steigern und das eigene Image positiv zu stärken.

Schritt 6: Beim Kunden für die Reklamation bedanken.

Unabhängig davon, wie die Beschwerde am Ende gehandelt wurde und ob der Kunde zufrieden ist oder nicht: Man sollte sich dennoch immer für die Reklamation bedanken. Auch wenn sie Umstände verursacht, ist jede Beschwerde eine Möglichkeit, die eigenen internen Abläufe zu verbessern und damit auch als Unternehmer zu wachsen.

Einige dieser Schritte sind nicht nur bei unberechtigten Beschwerden anwendbar, sondern auch bei zurecht eingelangten Reklamationen. Verständnis zeigen, zuhören und Lösungen finden sind das A und O bei jeder Beschwerde. Fühlt sich der Kunde gut aufgehoben, neigt er eher dazu, den Service weiterzuempfehlen oder wiederzukommen. Bessere Werbung für den eigenen Betrieb kann es fast nicht geben!

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Foto: Adobe Stock – fidzkes, kk

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