Weißmehl, Zucker und Co – muss das wirklich sein?

Gleich kommt die neunjährige Tochter von Birgit Grieß aus der Schule heim. Zum Mittagessen gibt es dampfgegarte Kohlsprossen, in Rapsöl gebratene Kartoffel und ein Spiegelei. Also eine Vitaminbombe, gepaart mit viel Omega-3-Fettsäuren und hochwertigem Eiweiß, das der menschliche Körper gut aufnehmen kann. Und die Kohlenhydrate aus den Erdäpfeln geben Energie. Eines fällt auf, Weißmehl fehlt im Mittagessen. Schade, dass nicht jedes Kind so gut und gesund speist. 1.500 österreichische Kinder unter 14 Jahren sind – teils aus Gründen des Übergewichts – leider auch von Typ 2 Diabetes betroffen (Quelle: Österreichische Diabetesgesellschaft ÖDG).

Weißmehl, Zucker und Co

Birgit Griess ist Diätologin, Diabetesberaterin und WIFI-Lehrgangsleiterin für die Ausbildung zum „Diätetisch geschulten Koch“. „Ob über den Tag verteilt oder nur am Abend eine Riesenportion – nicht nur viele Kinder essen viel zu viel“, so ihre Diagnose. Auch 100.000e Erwachsene füllen tagtäglich Unmengen an ungesunden (tierischen) Fetten, Weißmehl, Zucker und Süßigkeiten in sich ein. Zusammen mit Säften und Limonaden, Fertigprodukten, Knabbergebäck und Co stellt sich die Ernährung meist als Hauptursache für Diabetes Typ 2 heraus.

650.000 Diabetes-Kranke – dramatische Folgen

Laut der ÖDG leidet aktuell nicht ganz eine Dreiviertel Million Menschen im Land an Diabetes Typ 2. Das sind zirka acht Prozent der Bevölkerung, Tendenz stark steigend. Die Folgen sind dramatisch: Laut Statistik sterben an die 10.000 Österreicherinnen und Österreicher pro Jahr an den Folgen von Diabetes Typ 2, oft an einem Herzinfarkt oder Schlaganfall. 2.500 Amputationen müssen durchgeführt werden, weil die Durchblutung gestört ist. 300 werden pro Jahr dialysepflichtig, weil die Nieren versagen und 200 Menschen erblinden.

Wie der Teufelskreis beginnt …

„Es ist dieses Zuviel an Energie, das sich in Form von Fett im Körper anlegt. Weißmehl, Zucker und Co – muss das wirklich sein? Das erhöht die Köperfettmaße und reduziert die Insulinwirkung. Die große Menge an Körperfett verhindert nämlich, dass das körpereigene Insulin aus der Bauchspeicheldrüse richtig funktioniert. Daher beginnt die Drüse mehr und mehr zu produzieren. Durch das Übergewicht wirkt es trotzdem nicht und der Blutzuckerspiegel steigt. Und dann beginnt der Teufelskreis: Der hohe Insulinspiegel hemmt die Fettverbrennung – Heißhunger entsteht – noch mehr Fett und Übergewicht … alles klar?

WAS essen – WIE essen!

Gerade für Kinder ist die gesunde Ernährung extrem wichtig, da sind sich alle einig. Denn Diabetes Typ 2 ist fast immer eine Folge des Lebensstils. Neben zu wenig Bewegung ist es häufig Fastfood anstelle einer täglichen Mahlzeit der Kinder mit der Familie: „Gemeinsames, genussreiches Essen und gutes Kauen sind ganz wichtig! Außerdem enthalten Fastfood und Fertigprodukte zu viel Weißmehl, Zucker, Salz und Geschmacksverstärker und das stört die Geschmacksnerven der Kinder. So wird ein weiterer Grundstein für schlechte Ernährung gelegt“, so die Diätologin. Wobei die Entwicklung der Erkrankung durchaus einige Jahre dauern kann …

Jung, übergewichtig, Diabetes – wie geht’s besser?

Erstens: Auf die tägliche Zuckermenge achten. Die WHO empfiehlt einen maximalen Anteil von zehn Prozent der täglichen Energieaufnahme durch Zucker. „Das wären an die 180 Kalorien pro Tag“, rechnet Birgit Grieß vor. Jetzt haben aber 0,5 Liter Limonade schon an die 250 Kalorien. Und das ohne Honig, Marmelade, Schokolade, Joghurt etc. Stattdessen kann man besser zuckerfreien Tee trinken. Oder Wasser, das zum Beispiel mit Gurkenscheiben, Minzblättern, Apfelscheiben oder Ingwer aromatisiert wurde.

Kohlenhydrate und Eiweiß – verzichte auf Weißmehl

Zweitens: Ungünstige Kohlenhydrate durch günstige ersetzen. Weißmehl-Semmerl, Kipferl und Milchweckerl sollen soweit als möglich durch Vollkornprodukte ersetzt werden. Gleichzeitig muss unbedingt auf ausreichend Flüssigkeit geachtet werden, die Ballaststoffe können sonst zu einer Verstopfung führen! Und was das Eiweiß betrifft: „Fleisch, Fisch und Eier lassen den Blutzuckerspiegel zwar nicht direkt steigen, ein Zuviel an Tierischem ist dennoch bedenklich“, weiß Birgit Grieß. Sie empfiehlt maximal zwei- bis dreimal pro Woche Fleisch und zweimal Fisch, davon einmal Meeresfisch: „Lachs, Makrele und Co haben viele gesunde Omega-3-Fettsäuren“, so die Begründung. Außerdem gibt es sensationell köstliches, pflanzliches Eiweiß, das in Erbsen, Kichererbsen, Linsen, Bohnen etc. steckt. Der Einbau vegetarischer Tage ist demnach äußerst sinnvoll.

Bewegung, Bewegung, Bewegung!

Drittens – eh klar! Neben (ausdauer-)sportlicher Betätigung dreimal die Woche empfiehlt die Ernährungsexpertin vor allem, ausreichend Bewegung in den Alltag zu bringen: „Stiegen steigen, Fahrrad fahren, Gehen … Kaufen Sie sich einen Schrittzähler und peilen Sie 10.000 Schritte pro Tag an!“

Die Menge macht das Gift

Viertens: Wie so oft macht die Menge das Gift. Das eine Weißmehl-Semmerl am Sonntag oder ein Wiener Schnitzel pro Monat machen noch keine Diabetes und kleine Sünden lassen sich durch ein Mehr an Bewegung oft ausgleichen. Ist man jedoch bereits an Diabetes erkrankt, sollte man bei der Ernährung genau aufpassen. Denn dann kann unter Umständen schon ein Zuviel an eigentlich gesundem Obst die Blutzuckerwerte in die Höhe treiben – Gemüse dagegen hat noch niemandem geschadet.

Ausbildung zum/zur Diätetischen Koch/Köchin:

In diesem WIFI-Lehrgang lernen Profis u. a. von Experten und Expertinnen wie Birgit Grieß weit mehr, als „nur“ schmackhafte Speisepläne für Diabetiker/innen zu komponieren und zuzubereiten oder was Broteinheiten sind und wie man sie berechnet. Es geht um viele Arten von Nahrungszubereitungen für Erkrankte oder auch darum, wie Lebensmittel überhaupt im Körper wirken. Wie man grundsätzlich den Nährwert von Speisen berechnet oder wie Rezepte abgewandelt werden können, um diätetisch eingesetzt werden zu können. Theorie und Praxis gehen dabei Hand in Hand.
Fragen wie „Wie wirken Lebensmittel überhaupt im Körper? Wie kocht man gesunde, schmackhafte Speisen für viele Arten von Erkrankungen? Was sind alternativen für Weißmehl? Mit welchen Methoden berechnet man den Nährwert der Speisen? Kann man Rezepte so abwandeln, dass sie diätetisch eingesetzt werden können und vieles mehr …

Gastronomen, Reha-Zentren, Altersheime, Kliniken und andere Einrichtungen benötigen mehr und mehr diätologisch ausgebildete Köchinnen und Köche, die über ein fundiertes Grundwissen verfügen. Nutzen Sie daher den WIFI-Lehrgang und bilden Sie sich weiter!

WIFI-Lexikon Diabetes Typ 1 und 2:

Diabetes Typ 1:

Diabetes Typ 1zeichnet sich durch einen generellen Insulinmangel aus, weil die Bauchspeicheldrüse nicht genug Insulin produziert. Diese Form tritt meist im Kindes- und Jugendalter aufund muss ein Leben lang mit Insulin behandelt werden. Da ist keine Vorbeugung möglich. Der Anteil an Diabetes Typ 1 liegt bei ungefähr vier Prozent aller Diabetes-Erkrankungen.

Diabetes mellitus Typ 2:

Dieser Typ beginnt meist schleichend im Erwachsenenalter. Dabei entwickelt der Körper eine Insulinresistenz. Die häufigsten Ursachensind Übergewicht zusammen mit ungesunder Ernährung und Bewegungsmangel. Die Zusatzfolge sind häufig hoher Blutdruck und hohe Blutfettwerte.

Was ist Weißmehl?

Weißmehl oder auch Auszugsmehl genannt, ist eine Gewinnung aus Getreide. Weißmehl ist ein sehr helles und mineralstoffarmes Mehl. Der Grund, weshalb Weißmehl so ungesund ist, liegt in der Verarbeitung. Weißmehl wird Großteils aus dem 1. Schrot gewonnen. Der innere Kern des Kornes wird von den Schalenteilen separiert. Aus diesem Grund gehen wichtige Mineral- und Nährstoffe, die in den äußeren Schalen enthalten sind, verloren.

Was ist der Unterschied zu Vollkornmehl?

Der Unterschied zu Vollkornmehl ist wieder die Verarbeitung. Vollkornmehl wird aus den Randschichten und dem Keimling des Korns produziert, während Weißmehl ausschließlich aus dem Mehlkörper gewonnen wird.

Die Randschicht und der Keimling weisen mehr Vitamine, Mineral- und Ballaststoffe auf. Diese helfen Krankheiten vorzubeugen und sind ein wichtiger Bestandteil einer gesunden Ernährung. Ein weiterer Vorteil von Vollkornmehl: Es enthält viele Ballaststoffe und fördern damit die Verdauung!

Foto: WIFI Steiermark / Melbinger

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