Generation Digital – Schulschwänzen für den Planeten?

Was mit der 16-jährigen Schwedin Greta Thunberg 2018 beginnt, brachte mit Fridays for Future jeden Freitag weltweit mehr als 100.000 Jugendliche für den Klimaschutz auf die Straße –  anstatt in die Schule. Die Schulkinder demonstrieren und schaffen eine breite, gesellschaftliche Allianz für mutige Umweltpolitik. Ihre Beweggründe und die Umsetzung werden allerdings heiß diskutiert.

Jugendliche setzen Zeichen

Die stetig wachsende Umwelt-Community will mit dem Schulstreik am Freitag möglichst große Aufmerksamkeit erzielen. Schüler versäumen Unterrichtsstunden für eine lebenswerte Zukunft. Aus ihrer Sicht wäre mit einer Aktivität außerhalb der Schulzeit eine derartige Wirkung nie erreicht worden. Das sei das A & O, um dem Planeten Erde eine neue Chance zu geben und die Klimaziele bis spätestens 2030 zu erreichen.

Tatkräftige Unterstützung

Die Maßnahmen zum Schutz von Klima, Arten, Wald, Meeren und Boden reichen laut Jugend bei weitem nicht aus. Energiequellen, Ernährungs- Mobilitäts- und Konsummuster müssen sich schnell und grundlegend ändern – die Zeit läuft davon. Ihre Forderungen werden im deutschsprachigen Raum von über 26.000 Wissenschaftern als Scientist for Future bestätigt. Als Parents for Future, Teachers for Future, Artists for Future und Farmers for Future solidarisieren sich auch Eltern und Lehrer der streikenden Schulkinder sowie Künstler und Landwirte mit den Zielen von Fridays for Future.

Kräftiger Gegenwind

Die beherzten jungen Klimaaktivisten stoßen allerdings auf kräftigen Gegenwind. An der Bewertung als „nichts als Schulschwänzer“ und „Wunder an Engagement“ scheiden sich die Geister. Kritiker bescheinigen den Schulkids, sie seien ungebildet, planlos, haben Wirtschaften noch nicht gelernt und sind gefangen zwischen Instagram und Fortnite – ohne Vision, ohne Werte. Mit extremen Null-Forderungen, verbalen Anfeindungen sowie dem Abwenden vom gewinnorientierten Wirtschaftssystem können die Klimaprobleme nicht gelöst werden. Denn das würde das Ende des Wachstums und des Wohlstandes bedeuten. Dass gerade die Generation Digital einen sinkenden Wohlstand in Kauf nimmt und bereit wäre, ihre Bequemlichkeit einzuschränken, wird hart angezweifelt.

Schüler im Widerspruch

Freitags für den Umweltschutz Schule schwänzen, darüber hinaus zeigt sich bei einigen Kids krasser Widerspruch: neuestes Smartphone, Moped oder von Eltern geführt werden statt öffentliche Verkehrsmittel, Designerkleidung oder qualitativ fragwürdige Kleidung aus Billiglohnländern, Fern-Urlaube in Top-Hotels mit Flugzeug oder Kreuzfahrtschiff, mangelnde Mülltrennung, Anhäufen von Plastikmüll, Fast Food Essen, Käufe ohne Achten auf regionale Herkunft.

Für das Leben lernen

Befürworter entkräften, dass Jugendliche sich mutig und engagiert enormes Faktenwissen angeeignet haben, um in der öffentlichen Diskussion mithalten und ihren Standpunkt verteidigen zu können. Wie überall gibt es Trittbrettfahrer und solche, die es einfach nur cool finden, für den Umweltschutz zu demonstrieren. Eine friedvolle Versammlung von Schulkindern für eine gute Sache ist immer noch besser als jedes Thema mit Aggressions- und Ausgrenzungspotential. Die Jugendlichen selbst meinen,  durch die Demo am Freitag mehr zu lernen, als in der verpassten Unterrichtszeit. Und sehen darin auch eine Pflicht der Schule, nicht nur Wissen weiter zu geben, sondern die Kids auch in der eigenen Meinungsbildung zu stärken und sie an demokratische Prozesse heranzuführen.

Verstoß gegen Schulpflicht

Schwierig ist, dass bei Fridays for Future der Streik auf Kosten Dritter geht, nämlich der Schule und der Schulpflicht – einer Errungenschaft unserer Gesellschaft.  Es ist daher nicht regelkonform, die Schule zu schwänzen, auch nicht, um die Welt zu retten. Ob eine Demonstration für die Umwelt als zwingender Grund für das Fernbleiben von Schülern gilt oder unangenehme Konsequenzen nach sich zieht,  liegt im Ermessensspielraum der jeweiligen Schulleitung. Diese vertreten die Meinung, dass engagierte Schüler beides schafften: sich für die Umwelt einzusetzen und am Unterricht teilzunehmen. Demos in der Freizeit, etwa am Samstag würden zeigen, dass sie es ernst meinen – der Umwelt sei der Tag egal.

Die Zukunft braucht Bildung

Die Zukunft unseres Planeten brauche hochgebildete Menschen. Es wäre weit sinnvoller, die Jugendlichen bildeten sich in den MINT- Fächern weiter, statt zu streiken, betonen die Gegner der Kampagne. Die MINT-Fachbereiche setzen sich aus Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik zusammen und bilden den zentralen wirtschaftlichen Innovationssektor.

Wir alle müssen beitragen

Womit kann ICH unterstützen? Nicht nur Jugendliche sollen darüber nachdenken, was sie selbst zur Umweltverbesserung beitragen können. Jeder sollte tun, was schaffbar und tatsächlich umsetzbar ist. Immer mehr Schritte in die richtige Richtung führen zum Besseren. Und für das gemeinsame Ziel ein „Wir alle für…“ anstatt „Wir gegen die…“. Was mit Fridays for Future jedenfalls gelungen ist: Die Jugendlichen machen aufmerksam, polarisieren, und jeder redet darüber.

Foto: Adobe Stock – Animaflora

Kommentar verfassen