Ungarisch – Offen sein für eine wirkliche FREMD-Sprache

Überquert man von Graz aus in knapp einer Stunde die EU-Binnengrenze, befindet man sich in einer anderen Welt – und doch zu Hause. Ungarn ist weit mehr als die Besucher-Magnete Budapest, der Balaton oder die Puszta. Die Magie ist schwer zu erklären, mit der das Land seine Besucherinnen und Besucher in den Bann zieht. Ungarisch ist eine anspruchsvolle Sprache. Aber wer sie erlernt, spricht eine der harmonischsten und klangvollsten Sprachen der Welt.

Lesen Sie hier über Land und Leute sowie die Besonderheiten der ungarischen Sprache. Mit Ungarn-Expertin Viola Vincze, WIFI-Lehrbeauftragte für Ungarisch, Übersetzerin für Ungarisch, Deutsch und Italienisch, Expertin für Deutsch als Fremdsprache, Lehrbeauftragte für die Erwachsenenbildung, Mutter, Universitätslektorin: „Da Ungarisch keine indoeuropäische Sprache ist, lernt man eine FREMD-Sprache, Kultur und Denkweise kennen, die wirklich anders sind.“

WIFI Sprachkurse ab 5. Oktober

Alle WIFI Sprachkurse starten wieder ab 5. Oktober 2020. Für einige Fremdsprachen werden ab 31. August noch Intensivkurse angeboten. Das WIFI Sprachenteam mit Heike Schönbacher beratet Sie gerne persönlich unter 0316 602 490 oder 0316 602 1234. Oder Sie informieren sich online unter:  www.wifi.at/sprachen.

Ungarn fasziniert.

Ungarn ist ein stolzes Land mit einer Fläche von 93.000 Quadratkilometern, reich an Naturschönheiten, gastfreundlichen Menschen, einer vielfältigen Kulinarik, verwöhnendem Wasser, Liebe zu Musik und zu Tanz und Traditionen.

Budapest liegt unglaublich schön und ist als Weltstadt reich an Kultur und Sehenswürdigkeiten – da ist für jeden Geschmack etwas dabei. Der Plattensee, Balaton, ist der größte See Mitteleuropas, mit einer Wasserfarbe, von der ich immer noch nicht weiß, ob sie grün oder blau ist“, schwärmt Viola Vincze und beschreibt weiter, was Ungarn auszeichnet: „Thermalbäder, gutes Essen, ausgezeichnete Weine, Konzerte finden immer und überall statt, der Tanz wird als Volksbrauch ebenso gerne gepflegt wie Bräuche anlässlich wichtiger Festtage während des Jahres wie Ostern, Fasching oder am 13. Dezember.“

Mosaik Puszta

Im Osten liegt die große Ungarische Tiefebene, die zwei Drittel des Landgebietes bedeckt und aus mehreren Regionen mit unterschiedlichen Volksgruppen und Traditionen besteht. „Sie ist unglaublich groß und flach, für österreichische Augen nahezu unfassbar.“ beschreibt Vincze begeistert. Beim näheren Hinschauen erkennt man ein Mosaik vielfarbiger, abwechslungsreicher Landschaften, nicht nur eine Puszta. Der westliche Teil der Tiefebene, das Gebiet zwischen den zwei größten ungarischen Flüssen Donau und Theiß, ist eine attraktive Landschaft von Hainen, Akazienwäldern und riesigen Obstpflanzungen – ein Sandboden mit Wanderdünen.

Geschichte verbindet

Historisch wurden Österreich und Ungarn durch die K. & K.-Monarchie oder Donaumonarchie von 1867 bis 1918 eng verbunden, einer aus zwei Staaten bestehenden Doppelmonarchie. Ein Vielvölkerstaat, der zwei gleichberechtigte Länder unter einem Dach vereinte. Oberhaupt waren bis 1916 Kaiser Franz Joseph I. mit Kaiserin Elisabeth, die sich in dieses wilde Land mit seinen herzlichen Menschen verliebte, die ihrem Wesen sehr ähnlich waren: sie feierten ungezwungen, waren freiheitsliebend und hatten ein Faible für Pferde.

Viola Vincze ist Ungarisch-Trainerin am WIFI Steiermark.

Alleinstellung als uralische Sprachfamilie

Ungarisch ist die offizielle Amtssprache von etwa zehn Millionen Ungarn. Außerhalb der Grenzen Ungarns, vorwiegend in der Slowakei, Rumänien, Slowenien, Österreich und Serbien, leben rund 2,4 Millionen MagyarenUngarn verlor nach dem Ersten Weltkrieg mehr als zwei Drittel seines Staatsgebietes. Ungarisch ist auch Amtssprache in Serbien, Slowenien und Österreich.

Ungarisch ist keine einfache Sprache, so viel wissen wir.  Das liegt an vielen Sprachbesonderheiten, die sich in anderen, uns gewohnten Sprachen, nicht wiederfinden. Ungarisch ist somit eine richtige FREMD-Sprache. Das Finnische und Lettische zählen auch zu dieser Sprachfamilie, Ähnlichkeiten sind allerdings mit der Lupe zu suchen. Und: ein Finne versteht nicht, was ein Ungar sagt und umgekehrt.

Ungarisch Lernende brauchen Liebe zum Detail

Viola Vincze beschreibt Qualitäten, die Ungarisch-Lernende brauchen: „Um die ungarische Sprache einigermaßen sprechen und verstehen zu können, braucht es mindestens zwei Jahre, viel Liebe zum Detail, Ausdauer und Konsequenz. Wichtig ist, das Vorurteil loszulassen, Ungarisch sei unglaublich schwierig zu erlernen. Und offen zu sein für etwas, das wirklich anders ist, dieses Fremde akzeptieren und annehmen können und sogar Spaß daran entwickeln.“

Dazu erklärt Vincze die Besonderheiten: „Ungarisch lernen dauert länger, als man gewohnt ist im Vergleich mit anderen meist indoeuropäischen Fremdsprachen. Die Struktur ist gänzlich anders – so gibt es im Ungarischen etwa keine Vorwörter, Präpositionen. Ihre Funktion übernehmen Endungen. Durch das Anhängen der Endungen werden die Wörter immer länger und ähneln vom „Aussehen“ her immer weniger dem Wortstamm. Auch existiert kein Wort für das Hilfszeitwort „haben“, das im Deutschen eine sehr zentrale Rolle spielt. Die Lernenden suchen gerne den Vergleich mit Englisch als meist einzige Fremdsprache, die sie kennen und können. Weil die Sprache so anders ist, ist manches auch viel leichter: es gibt keine grammatikalischen Geschlechter, nur drei Zeiten und die Betonung liegt immer auf der ersten Silbe. Imitieren zu können und eine musikalische Vorbildung fördern eine gute Aussprache, wie für jede Fremdsprache.“

Szia und Köszönöm machen Eindruck

„Die Ungarn sind nicht daran gewöhnt, dass Ausländer ihre Sprache beherrschen. Viele sprechen Fremdsprachen, die Älteren eher Deutsch, die Jüngeren eher Englisch, vor allem in den Städten.“, erklärt Viola Vincze, „Einheimische werden begeistert sein, wenn man sie auf Ungarisch anspricht, egal womit. Eindruck macht, wenn man grüßen – Szia! = Grüß dich – und danken – Köszönöm = danke – kann. Allerdings – die Aussprache muss stimmen, sonst wird man schlichtweg nicht verstanden.“

WissensWertes über Land & Leute  

Sieben geografische Regionen

Seit 1999 ist Ungarn in sieben, den natürlichen Gegebenheiten angepassten, geografische Regionen aufgeteilt: West-Transdanubien (Nyugat-Dunántúl) Mittel-Transdanubien (Közép-Dunántúl) Süd-Transdanubien (Dél-Dunántúl) Nordungarn (Észak-Magyarország) Mittelungarn (Közép-Magyarország) Nördliche Große Tiefebene (Észak-Alföld) Südliche Große Tiefebene (Dél-Alföld)

Bevölkerung

Die Magyaren, auch Madjaren oder Ungarn, bezeichnen ein Volk in Mitteleuropa mit ungarischer Sprache. Aber auch allgemein die Bürger des Staates Ungarn oder in Geschichtstexten die Bewohner des historischen Königreichs Ungarn. In wissenschaftlichen Texten wird häufig die Bezeichnung Magyaren bevorzugt, wenn die ethnische Gruppe gemeint ist.

Statistisch geschätzt leben in Ungarn:

Magyaren 90 %, Roma 4 %, Deutsche 2,6 %, Serben 2 %, Slowaken 0,8 % und Rumänen 0,7 %.

„Sisi“ – Königin von Ungarn

Die bekannten Sisi-Filme mit Romy Schneider in der Hauptrolle zeigen unvergesslich ihre Begeisterung für Ungarn, Land und Leute. Entgegen ihrer sonstigen Rolle gestaltete sie für dieses Land das politische Geschehen entscheidend mit. Nach ihrer Krönung entwickelte sich ein regelrechter Elisabeth-Hype, das Schloss Gödöllö wurde zu ihrem Hauptaufenthaltsort, an dem sie mehr als die Hälfte des Jahres verbrachte. Pikantes Detail: Trotz des starken Protestes des Wiener Hofes brachte Elisabeth ihre Tochter Erzherzogin Marie Valerie Mathilde Amalie von Österreich in Ungarn zur Welt. Als Geschenk für ihr ungarisches Volk. Lange Zeit hielt sich das Gerücht, dass Graf Andrássy, zu dem sich Sisi sichtlich hingezogen fühlte, viel eher der Vater sei als Franz Josef.

Puszta – Filmklassiker

Ebenso in Erinnerung bleibt die romantische Komödie des deutschen Nachkriegskinos „Ich denke oft an Piroschka“ von Kurt Hoffmann aus dem Jahr 1955, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Hugo Hartig. Als zauberhaftes ungarisches Mädchen Piroschka spielte sich die 17-jährige Liselotte Pulver in der Titelrolle in die Herzen der Zuschauer.

Wasserball ist Nationalsport

Die Leidenschaft für Wasserball hat viele Gründe. Einer davon liegt in der geologischen Beschaffenheit des Landes mit über 1.000 warmen Thermalquellen. Weswegen die Ungarn gerne behaupten, ihre Heimat läge ein bisschen näher an der Hölle als alle anderen. Deshalb hat sich hier bereits ab dem Mittelalter eine besondere Bäder- und später auch Wassersportkultur entwickelt. Die Budapester Thermalbäder sind architektonische Juwelen und weltberühmt. Vor diesem Hintergrund ist es wenig überraschend, dass sich unter den Ungarn leicht zwei Mal sieben Männer finden, die sich mit einem Ball 32 Minuten lang im Wasser aufhalten. Ein Wasserballteam hat 13 Mitglieder, von denen aber immer nur sechs Spieler und der Torhüter im Wasser sind. So fand der von den Briten Mitte des 19. Jahrhunderts erdachte Sport schnell Anhänger.

Auch beim Schwimmen sind die Ungarn sehr erfolgreich, etwa durch Hosszú Katinka.

Ungarn lieben Palatschinken

Gefüllt mit Marmelade, Topfen, Nuss und Schokolade, die Gundel palacsinta, aber am besten sind die mit Fleisch gefüllten, pikanten, die Hortobágyi palacsinta.

Namenstage

haben im ungarischen Raum einen fast so hohen Stellenwert wie Geburtstage. Sie werden meist im großen Stil mit Familie und Freunden gefeiert.

Berühmte Ungarn und ihre noch berühmteren Erfindungen

Überall auf dieser Welt können wir Ungarn begegnen. Entsprechend der früheren Größe hat Ungarn viele Persönlichkeiten in der Geschichte hervorgebracht, welche die europäische Kultur und Wissenschaft maßgeblich mit beeinflussten:

  •  Johann Irinyi entflammte das erste Zündholz, die Brüder György und Laszlo Biro bauten den ersten Kugelschreiber, der noch heute als BIC Produkt bekannt ist. Ebenso der Deoroller, der nach dem gleichen Prinzip funktioniert.
  • Die erste Telefonzentrale hängt mit dem Namen von Tivadar Puskas zusammen. Als er sein System testete, sagte er immer wieder „hallom,hallom„, was „ich höre, ich höre“ entspricht. Das „hallo“ im Telefon kommt von diesem ungarischen Wort kommt.
  • Für die Entdeckung des Kindbettfiebers fand der Chirurg und Geburtshelfer Ignaz Semmelweiss internationale Anerkennung und wird als „Retter der Mütter“ bezeichnet.
  • Sodawasser in Siphonflaschen geht auf den ungarischen Mönch Jedlik Ànyos zurück.
  • Oszkár Asbóth war maßgeblich an der Erfindung der heutigen Hubschrauber beteiligt.
  • Der berühmte Zauberwürfel wurde vom Ungarn Ernő Rubik erdacht.

Weitere Persönlichkeiten:

  • Szent-Györgyi Albert, Entdecker des Vitamin C
  • Mathematiker Neumann János, einer der Väter der Informatik
  • Wissenschaftler John G. Kemeny, Mitentwickler der Programmiersprache BASIC
  • Gábor Dénes, Phyisk-Nobelpreisträger für die Erfindung der Holografie
  • Judit Polgár gilt bis heute als spielstärkste Schachspielerin aller Zeiten.
  • Joseph Pulitzer, Journalist und Zeitungsverleger, Stifter des Pulitzer-Preises
  • Die Maler Albrecht Dürer, Csontváry Kosztka Tivadar – zu seinen Bildern sagte Salvator DaliWow, und ich habe mir gedacht, ich sei das einzige Genie.“
  • Komponist Franz (Ferenc) Liszt, Bartók Béla, Komponist und Volksliedsammler
  • Schriftsteller Ephraim Kishon, Zauberkünstler Harry Houdini,
  • Filmregisseur und Oscar-Preisträger István Szabó,
  • Schauspieler Zsa Zsa Gabor, Tony Curtis, Paul Hörbiger, Johnny Weissmueller (auch Schwimmer, Wasserballer, fünffacher Olympiasieger)
  • Modedesigner Calvin Klein, Estee Lauder als eine Größe in der Kosmetikwelt

Foto: Adobe Stock

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