Gereizt? Hektisch? Gestresst? – 10 SOS-Tipps zur Entspannung

Überfordert? Unter Druck? Voll im Stress? – Kennen Sie den Zustand? Das logische Denken scheint ausgeschaltet, der Blutdruck steigt, Cortisol und Adrenalin werden zuhauf ausgeschüttet. Man fühlt sich, als ob man innerlich vibriert und es hört nicht auf. Was tun? Es ist eine Frage des Gesundbleibens, Stress abzubauen und Entspannung zuzulassen – aber wie können wir der Stress-Bubble entkommen?

Wir fragten die erfahrene Entspannungs- und Achtsamkeitstrainerin Mag. Doris Kohlmaier nach SOS-Tipps bei Stress im Alltag:

1. Sofort tief durchatmen!

Der Atem ist unsere wichtigste Energiequelle. Die Achtsamkeit darauf zu lenken und sich beim Atmen nicht von außen steuern zu lassen, ist die Grundlage für ein bewusstes Leben. Sobald wir uns auf den eigenen Atem konzentrieren, vertieft er sich.
Wir kennen das auch von gut gemeinten Ratschlägen à la ‚Atme doch einmal tief durch!‘ In Stresssituationen atmet unser Körper manchmal sogar von selbst tief durch. Tiefer, voller Atem wirkt sich auf unser gesamtes Organsystem aus, er erhält uns frisch und gesund. Wenn wir das nur fünf Minuten täglich aktiv nutzen und die Aufmerksamkeit auf den Atem richten, kann das auch eine gute Stressprävention und gleichzeitig Gesundheitsvorsorge sein.

2. Gehen als Ressource nutzen

Das Nutzen von selbstverständlichen Ressourcen wie Gehen, Stehen, Sitzen ist ein zentraler Punkt in fast allen Entspannungstechniken. Überlegen wir uns doch einmal, WIE wir gehen. Und dann stellen wir uns vor, wie es ist, auf Eis zu gehen – frei, leicht, zentriert und aufrecht. Der Körper passt sich nahezu sofort an. Wir nutzen also den Mentalfaktor, sprich unsere Vorstellungskraft zur Entspannung und fragen uns: Wie möchten wir denn gehen, stehen, sitzen? Und dann sagen wir uns: Ich gehe locker, frei, gelassen, rhythmisch …

3. Entspannen als ganzheitlicher Prozess

Und jetzt spannen wir einen Muskel oder Körperteil an, entspannen wieder, spannen noch mal an, entspannen …  Tut sich was? Wenn wir eine mechanische Übung durchführen, geistig allerdings in den gewohnten Denkmustern verharren, entspannt sich vermutlich wenig. Das heißt, Entspannung ist immer auch ein ganzheitlicher Prozess. Die Hauptaspekte dabei sind, wie bereits erwähnt, der Atem und die Achtsamkeit, die wir auf unsere Gedanken legen.

4. Affirmationen oder sich „zurücknehmen“

Ich bin ruhig und gelassen. Ich atme gleichmäßig und tief. Ich bin ganz entspannt … Positive Affirmationen, gesprochen oder auch nur „laut“ gedacht, können sich sehr positiv auswirken. Vorausgesetzt, man wiederholt sie regelmäßig. Eine weitere Technik zur Entspannung wäre es, sich selbst zurückzunehmen und nur wahrzunehmen, was „da“ ist. Eventuell kann man auch versuchen, sich selbst von außen wie von einer Art Metaebene aus zu betrachten. Kann ebenfalls zur Entspannung beitragen.

5. Rhythmische Bewegung und Natur genießen

 Laufen, spazieren gehen, Radfahren – jede natürliche, rhythmische Bewegungsform entspannt. Es macht daher viel Sinn, in jeden Tag eine Bewegungseinheit einzubauen. Das kann auch Joggen, Pilates, Tanzen, Gymnastik oder jede andere, natürliche Sportart sein.

„Ein Entspannungsfaktor für mich persönlich“, so Mag. Kohlmaier, „sind auch der Kontakt und die Verbindung mit der Natur. Der Prozess besteht darin, die innere und die äußere Natur in Einklang zu bringen.“

Mag. Doris Kohlmaier ist Bewegungswissenschaftlerin, Lektorin an der Uni Graz, Trainerin für Energiemanagement, seit 30 Jahren Yogatrainerin mit eigener Praxis und Lehrbeauftragte am WIFI Steiermark (fachliche Leitung der Diplomlehrgänge „Yogatrainer“ und „Entspannungs- und Achtsamkeitstrainer“ an der WIFI Gesundheits- und Sportakademie Steiermark).

6. Den Stress schreiend und lachend „wegboxen“

„Ich bin einmal mit 25 Studierenden schreiend und lachend über den Grazer Rosenberg gelaufen“, erzählt die Expertin. „Das war natürlich aufsehenerregend. Aber für uns war es ein unglaublich tolles, außergewöhnlich befreiendes Gefühl.“ – Probieren Sie es doch ruhig einmal selber aus (es ist allerdings sinnvoll, sich nicht gerade den Grazer Stadtpark dafür auszusuchen). Die Wirkung verstärkt sich, wenn man zwischendurch eine Art Indianertanz aufführt. Dafür balle man seine Fäuste, boxe am Stand in alle Richtungen und stoße individuelle „Ur-Laute“ aus. Herrlich!

7. Vorstellungskraft nutzen!

 Die eigene Vorstellungskraft ist immer da, man kann sie also immer nutzen. Eine Möglichkeit besteht darin, sich einen „Anker“ zu schaffen. Also sich ein schönes Erlebnis oder einen lieben Menschen, der einem Kraft gibt, vorzustellen. Versteht man es, seine Aufmerksamkeit auf etwas anderes zu legen, steigt man richtiggehend aus dem eigenen Stress-Raum, der einen einengt, aus. Es ist Übungssache, dass das gut klappt – wenn man’s draufhat, klappt es aber richtig gut.

8. Körperhaltung – vom Scheitel bis zur Sohle

Versuchen wir doch, uns tagsüber immer wieder in eine aufrechte Haltung zu bringen und die Körperspannung „dazuzuschalten“. Dazu beobachten wir den Atem – beim Einatmen richten wir uns sanft auf. Beim Ausatmen entspannen wir. „Das verbindet uns auch mit dem Parasympathikus, also dem Teil in unserem Nervensystem, der für die Entspannung zuständig ist“, so Mag. Kohlmaier.

Beim Aufrichten denken wir an eine Art Faden, der uns vom Scheitel imaginär nach oben zieht und damit aufrichtet. Wenn wir wollen, können wir auch noch wie ein „Baum“ Wurzeln durch unsere Füße in die Erde treiben und die Energie auf- und abwandern lassen …

9. Lachen und Akrobatik im Gesicht

Beim Lachen werden vom Kopf bis zum Bauch rund 300 Muskeln angespannt, darunter allein knapp 20 im Gesicht. Das macht es schwierig, den Stresszustand aufrechtzuerhalten. Da unser Gesicht allein über zirka 50 Muskeln verfügt, kann man dem Stress auch mit Gesichtsakrobatik zu Leibe rücken. Schon diese kleinen Übungen – gerade jetzt zur Corona-Maskenzeit – können unendlich hilfreich sein, wenn man angespannt und alles stressig ist.

10. Körper-Scanning zur Entspannung

Die bewusste Wahrnehmung von Körperteilen ist ein Klassiker unter den Entspannungstechniken. Wir beginnen damit oben bei der Kopfhaut und wandern sukzessive nach unten bis zu den Zehen und zurück. „Fortgeschrittene können ihre Aufmerksamkeit auch auf die inneren Organe, ihre Sinnenorgane oder zum Beispiel auf die Wirbelsäulen lenken“, erklärt die erfahrene WIFI-Lehrgangsleiterin. Es sei sogar möglich, die Qualität der Körperteile und Organe wahrzunehmen.

 Der Weg von Doris Kohlmaier:

Doris Kohlmaier ist u. a. Yogatrainerin und lehrt dies auch am WIFI Steiermark. – Aber was hat sie ursprünglich dazu bewegt, sich diesem Weg in Richtung Entspannung und Achtsamkeit zuzuwenden?

„Am Anfang stand der Sport, vor allem Geräteturnen. Das war schon als Kind Hochspannung pur für mich. Später habe ich Sport studiert und gemerkt, dass ich überhaupt nicht loslassen kann! Also suchte ich nach Techniken zur Entspannung. Dann kam ein Lehrer aus China an die Uni in Graz und brachte eine Art gesundheitliche Bewegungstechnik mit, es erinnerte an Qi Gong. Dann bin ich alles durchgegangen – Tai Chi, Schattenboxen, Feldenkrais, Bioenergetik, Yoga …

Ich erinnere mich aber auch noch an ein einschneidendes Erlebnis mit 17 Jahren, als ich morgens um sieben Autogenes Training machte. Auch davon war ich so fasziniert, dass mich die Technik nie mehr losgelassen hat.

Es ist mein Thema, Westliches und Östliches zu verbinden. Das ist mein Weg, den ich nun seit 40 Jahren gehe. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich meine Erfahrung, mein Wissen und Können am WIFI an Interessierte weitergeben kann!“

Sie wollen auch von der Erfahrung, vom Wissen und Können von Mag. Doris Kohlmaier profitieren?

Fotos: KK (2), ©Adobestock / katalinks

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