Wie groß ist die Sehnsucht nach Gedrucktem – oder wird Print von Online verdrängt?

Print oder online – Online UND Print? Was bringt es, beide Welten zu verknüpfen? Und welche Erkenntnisse können kreative Medienfachleute nutzen, um den Auftritt von Gedrucktem oder Online-Beiträgen möglichst anziehend zu gestalten …?

Wachsen Print und Online zusammen?

Die spontane Antwort von Gerhard Trittenwein, Lehrgangsleiter der WIFI-Fachakademie für Medieninformatik und Mediendesign, auf die Frage lautet: „Nein.“ Konkret auf QR-Codes und das Onlinestellen von Magazinen und Co angesprochen, sagt er: „Es gelingt den digitalen Elementen (noch) nicht, Printprodukte zu stärken.“ Wer genau hinhört, erkennt eine Annahme hinter der Aussage, nämlich dass Print gestützt werden müsse. Angesichts der aktuellen Datenlage vielleicht nicht ganz falsch?

Stirbt Print aus – welche Bedeutung hat es (noch)?

Der Anteil an Jugendlichen (12 bis 19 Jahre), die mehrmals pro Woche Zeitungen oder Zeitschriften lesen, ist in den letzten zehn Jahren stark gesunken (Quelle: statistika.com). 89 Prozent sind jedoch mehrmals täglich im Internet und konsumieren digitale Inhalte. Warum lebt Papier also immer noch? Nur für die „Alten“? 
„Viele Menschen allen Alters haben Sehnsucht nach Gedrucktem.“ – Gerhard Trittenwein sieht sogar ein gewisses Revival des Analogen. „Man kann Gedrucktes an jedem Ort konsumieren. Für viele ist es auch eine bewusste Abwechslung. Man braucht nichts außer Licht und Augen. Die Nutzung von Print- und Onlineprodukten ist allerdings meist unterschiedlich.“

Was kann Print, Unterschiede im Design

Auch, wenn der Experte Print auf dem Rückzug und Online-Produkte als omnipräsent erlebt – etwas kann er Gedrucktem immer noch abgewinnen. Die Haptik zum Beispiel. Das heißt, Papier kann man angreifen und mit den Händen spüren. Es kann fest wie ein Karton oder knisternd dünn sein, sich glatt oder griffig anfühlen. Man kann eine Tageszeitung falten, darin blättern, es glattstreichen, damit Feuer machen … Stellt man die Beiträge online, fallen diese Erlebnismöglichkeiten weg. 

„Wenn ich Print gestalte“, so der WIFI-Trainer, „lege ich das Layout genau fest. Online sind die Nutzer immer auch Mitgestalter – zum Beispiel je nachdem, welches Endgerät sie haben. Bei Printprodukten umfasst die Erwartungshaltung der Nutzerinnen und Nutzer ein Inhaltverzeichnis und die Nummerierung der Seiten. Das fällt online weg. Da klicke ich einfach das Menü an und bin dort. Musik und bewegte Bilder inklusive, Dessen muss man sich als Designer und Medien-Gestalter bewusst sein.“ 

Welche Inhalte sind für Online, welche für Print optimal?

Gerhard Trittenwein erklärt, dass Inhalte umso weniger für Print geeignet sind, je schneller sie sich ändern. Das aktuelle Wetter zum Beispiel. Oder aktuelle Nachrichten über Ereignisse, die gerade stattfinden. Und so paradox es klingt – das gilt wohl auch für Lexika, die es als Bücher schon (fast) nicht mehr gibt. Man kann gedruckte Werke nicht schnell genug aktualisieren.
„Je beständiger und nachhaltiger Inhalte sind, desto eher kommen sie für Print in Frage.“ Trittenwein relativiert aber gleich: „Die meisten Inhalte kann man in Print und/oder online veröffentlichen. Inhalte sind mehr oder weniger unabhängig von den Trägermedien. Das betrifft auch die Unterhaltung.“

Was lernt man in der WIFI-Fachakademie für Medieninformatik und Mediendesign (FAMI)?

In der FAMI stehen Design und Informatik im Vordergrund der Mediengestaltung. „In der zweijährigen WIFI-Berufsausbildung gehen wir natürlich auch auf Inhalte ein. Aber nur insofern sie mit der Gestaltung zusammenhängen. Man lernt, wie man Print und Online optimal umsetzt. Alles ist auf praktisches Lernen und aufs „Tun“ ausgerichtet. Um beim Unterschied Print oder/und Online zu bleiben – was sollte dabei noch nicht zu kurz kommen?

Print und Online – Farben und Ästhetik 

„Online leuchten die Farben von sich aus – Bildschirme können bis zu 16,7 Millionen davon anzeigen. Dagegen können nur rund 60.000 Farben gedruckt werden. Um sie wahrzunehmen, brauchen sie ein Umgebungslicht. Der Farbraum ist daher ein völlig anderer, er ist auch viel kleiner.“
Was Trittenwein aber auch interessiert, ist der ganz bewusste Verzicht auf digitale Möglichkeiten. „Analoge Ästhetik kann sehr attraktiv sein“, sagt er. Das könne man natürlich auch digitalisieren. Aber dann bleibe die Haptik als wichtiger Teil des Printauftritts auf der Strecke.

Online weiter im Aufwind, Print aber nicht zu vernachlässigen

„Online umgibt uns in jeder Hinsicht zur jeder Zeit. Trotzdem müssen wir verstehen, was Print besser kann und es, wenn nötig, nutzen.“ Der Anstieg des Papierpreises in letzter Zeit macht es allerdings nicht wirklich leichter.

Die große Chance der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an der Fachakademie für Mediendesign und Medieninformatik ist dennoch die sehr große Breite an vermitteltem Know-how und praktischem Können. Dafür stehen auch Analoges und sogar Historisches am Programm. Zum Beispiel eine Exkursion zu einer alten Wiener Druckmaschine, mit der noch Prägedruck hergestellt werden kann. „Manchmal braucht es Außergewöhnliches, um herauszustechen. Wir zeigen den angehenden Kolleginnen und Kollegen der Medienbranche ein großes Spektrum an Möglichkeiten.“

Sie wollten schon immer in die Medienbranche? Sie interessieren sich für Design und die dahinter liegende Informatik? Dann sollten Sie möglicherweise jetzt Ihre Chance nutzen:

Ing. Gerhard Trittenwein, Lehrgangsleiter der Fachakademie Medieninformatik & Mediendesign, ist selbstständiger Berater, Trainer und Coach. Seit 1993 ist er in den Bereichen Online-Marketing, Technologie und digitale Transformation für nationale und internationale Projekte verantwortlich.

Fotos: Trittenwein, ©adobe Stock / Pixel Shot

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