Was bringt mir eine GmbH-Gründung, was riskiere ich damit?

Die Rechtsform mit dem Zusatz „mit beschränkter Haftung“ hat eine nahezu aphrodisierende Wirkung auf viele angehende Firmeninhaberinnen und -inhaber. Aber wo liegen die Vor- und Nachteile einer GmbH wirklich, was sind die größten Missverständnisse und Risiken dieser beliebten Unternehmensform? Wir baten den Wirtschaftsexperten und WIFI-Vortragenden Prof. Dr. Christian Fritz zum Gespräch.

GmbH-Gründungen: „Aus meiner Sicht oft zu wenig überlegt“

In Österreich gibt es Ende 2020 zirka 156.000 Gesellschaften mit beschränkter Haftung, fast 80 Prozent aller Unternehmen dagegen sind als Einzelunternehmen registriert. Es macht daher Sinn zu überlegen: „Muss es wirklich schon ab der ‚Stunde Null‘ eine GmbH sein? Oder wird zuerst einmal ein Einzelunternehmen, ein EPU, gegründet, und dieses zu einem späteren Zeitpunkt in eine GmbH eingebracht?“ – Christian Fritz vertritt die Meinung, dass alternative Rechtsformgestaltungen zu wenig überlegt werden, eine GmbH mit einem Jahresumsatz von weniger als € 100.000 ergebe wenig Sinn. Dass jedes neu gegründete Unternehmen eine erfolgreiche Geschäftsidee und einen funktionierenden Business-Plan hat, setzt er sowieso voraus.

GmbH – warum so beliebt? 

Im Juli 2013 hat der Gesetzgeber die Gründungen von GmbHs durch die drastische Absenkung des erforderlichen Mindestkapitals erleichtert. Damals wurde die Bareinlage der Gesellschafter stark herabgesetzt. Seither sind nur 10.000 Euro einzuzahlen, 5.000 Euro davon sofort. „Wer das System GmbH – z. B. mit dem damit verbundenen Haftungskonzept – nicht versteht, kann vieles falsch machen. Es gibt kaum etwas Dümmeres, als eine GmbH möglichst schnell, husch pfusch zu gründen“, warnt der Experte.

GmbH-Gründung ist „wie eine Eheschließung“!

Sofern die GmbH nicht allein gegründet wird, ist eine Partnerin oder ein Partner beteiligt. „Da stellt sich die Frage: Passt der Gesellschafter, die Gesellschafterin menschlich, fachlich und in Bezug auf die Visionen zu mir?“, gibt Prof. Fritz zu bedenken. „Das Ausscheiden bzw. der Wechsel im Stande einer GmbH ist formgebunden und erfordert einen Notariatsakt. Sind sich die Betroffenen einig, kann die ‚Scheidung‘ schnell gehen. Das Thema Wertbemessung des gemeinsamen Eigentums ist meist aber ähnlich schwierig wie bei einer Ehescheidung.“

Kernproblem: GmbHs sind KEINE Einzelunternehmen!

„Der große Nachteil einer GmbH ist, dass sie formgebunden ist“, so Prof. Fritz. „Die Vermögensmasse der Gesellschaft ist vom Gesellschafter getrennt, das gilt auch für Alleingesellschafter. Im Klartext heißt das: Das Kapital ist gebunden, außer es gibt eine offiziell deklarierte Gewinnausschüttung oder es geht um Vergütungen für fremdübliche Leistungen. Und genau da krankt es massiv, das ist ein Kern des Problems“, weiß der Experte aus jahrzehntelanger Erfahrung.

GmbH: Achtung, GROSSES Fettnäpfchen!

„Viele GmbH-Gesellschafter führen die GmbH so, als wäre sie ein EPU. Das führt zur Gefahr der verdeckten Ausschüttung in steuerlicher Hinsicht – da geht es oft um 100.000 Euro oder mehr. Und dann“, erklärt Prof. Fritz, „besteht die Gefahr der verbotenen Einlagenrückgewähr. Im Fall einer Pleite bedeutet das konkret, dass der Insolvenzverwalter das Geld zurückfordert. Das kann viel sein. Wer das für GmbHs erforderliche Trennungsprinzip nicht beachtet, kann sich auch nach Paragraf 153 des Strafgesetzbuchs wegen Veruntreuung strafbar machen. Bei größeren Beträgen kann überdies ein Finanzstrafverfahren eingeleitet werden.“

Wann kommt es zur Zwangsstrafe vom Firmenbuchgericht?

„Das passiert, wenn der Jahresabschluss nicht rechtzeitig eingereicht wird. Die zeitgerechte Aufstellung ist daher sehr wichtig. Man sollte das auch verstehen“, meint Prof. Fritz. „Insbesondere, wenn es um negatives Eigenkapital, sprich eine bilanzielle Verschuldung geht, muss festgestellt werden, ob eine Insolvenz vor der Tür steht. Das gehört zu den Handlungspflichten eines Geschäftsführers.“

GmbH – auch persönliches Risiko für den eingesetzten Geschäftsführer?

Befindet sich die Gesellschaft in einer wirtschaftlich angespannten Lage, kann es auch für den Geschäftsführer als treuhändischen Verwalter fremden Vermögens schwierig werden: Rechtswidriges Tun oder Unterlassen führt in vielen Fällen zu einer persönlichen Haftung der Geschäftsführung. Im Klartext: „Wir sprechen von RECHTLICHEN Fehlern – das unternehmerische Risiko trägt IMMER die Gesellschaft. Stellt der Geschäftsführer einen Insolvenzantrag rechtzeitig und richtig, hat das für ihn keine haftungsrechtlichen Folgen. Dafür sind die aktuellen Zahlen, zum Beispiel auch ein funktionierendes Berichtswesen, von entscheidender Bedeutung.“

„Ein hoher Prozentsatz aller GmbH-Geschäftsführer weiß allerdings nicht, auf was genau sie sich eingelassen haben. Womöglich kennen sie sich in Bezug auf eine Haftung mit dem eigenen Privatvermögen bei speziellen Rechtsfällen überhaupt nicht aus …“ – stellt Prof. Christian Fritz, WIFI-Lehrgangsleiter der „Akademie für GmbH-Geschäftsführer“, fest.

GmbH – ein großer Vorteil bei Firmenübergaben

„Die Rechtsform der GmbH ist allerdings ein ideales Vehikel für den betrieblichen Generationenwechsel“, stellt Prof. Fritz klar. Das ist ein klarer Pluspunkt FÜR die GmbH, warum? – „Damit kann jemand aus dem aktiven Erwerbsleben ausscheiden und in der Pension trotzdem Geschäftsführer und/oder Mehrheitseigentümer bleiben.“ Man nennt dies auch „fließenden Übergang“ – es kann der perfekte Weg sein, das Unternehmen zukunftssicher zu übergeben. In diesem Fall bleibt der Übergeber noch am Unternehmen beteiligt, um weiterhin eine gewisse Kontrolle ausüben zu können. Erst nach einiger Zeit zieht sich der Übergeber gänzlich zurück.

Prof. Prof. (FH) Mag. Dr. Christian Fritz, MBA, LL.M., LL.M., ist begeisterter Querdenker aus dem Tiroler Lechtal und einer der beiden Köpfe der Innsbrucker Kanzlei Fritz. Er hat sich seit über 30 Jahre lang als renommierter Wirtschaftsmediator, Berater, Managementtrainer und Sachverständiger einen Namen gemacht und über 70 Fachpublikationen veröffentlicht. Seit vielen Jahren ist Christian Fritz auch als Lehrgangsleiter und Vortragender am WIFI Steiermark engagiert.

Das WIFI Steiermark hat mehrere Aus- und Weiterbildungen zum Thema GmbH im Programm – es zahlt sich nämlich aus, sich auszukennen!

Fotos: WIFI Steiermark, ©AdobeStock/Creativa Images

Kommentar verfassen