Wieso werden viele Jobzusagen doch noch ausgeschlagen?

Während der Corona-Pandemie 2020 waren zu Spitzenzeiten knapp eine Million ÖsterreicherInnen in Kurzarbeit, arbeitslos oder in Schulungen. Trotz Krise ist die Nachfrage nach qualifizierten Fachkräften aber ungebrochen. Viele BewerberInnen können sich ihren neuen Arbeitgeber sogar richtiggehend aussuchen. Doch warum entscheiden sie sich für bestimmte Unternehmen – und für manche nicht?

Eine fixe Jobzusage ist im Normalfall ein Grund zur Freude. Doch nicht für jeden und jede: Viele ArbeitnehmerInnen ziehen ihre Bewerbung im Laufe des Bewerbungsprozesses zurück oder schlagen Angebote komplett aus. Das kann unzählige verschiedene Gründe haben, wie auch Mag. (FH) Daniel Edelsbacher, MA, weiß. Er ist Lehrbeauftragter am WIFI Steiermark und unterrichtet im Lehrgang „Employer Branding“. Selten liegt es an finanziellen Aspekten, weswegen Jobs abgelehnt werden, erklärt er: „Wir haben einen Markt an qualifizierten BewerberInnen, die gebraucht werden – Stichwort Fachkräftemangel. Qualifizierte Fachkräfte haben deshalb bei ihren potenziellen Arbeitgebern oft freie Auswahl und entscheiden sich dann für die für sie beste Stelle. Das kann ganz einfache Gründe haben, wie ein näherer Arbeitsort, flexible Arbeitszeiten oder Home-Office-Möglichkeiten. Manchmal entscheidet aber auch die Unternehmenskultur. Hat der Betrieb einen schlechten Ruf, schneidet er auf Bewertungsplattformen schlecht ab, oder ist der Bewerbungsprozess langwierig und intransparent, ist das für viele BewerberInnen ebenfalls ein Ausschlussgrund.“

So kann es also passieren, dass auch eine vermeintlich passende Stelle abgesagt wird. Doch wie können Unternehmen das Risiko einer Absage von Seiten potenzieller ArbeitnehmerInnen minimieren? Und wie wird man ein „Employer of Choice“?

ArbeitnehmerInnen von heute

Absagen vonseiten der ArbeitnehmerInnen passieren selten grundlos. Vor allem sollte man als Unternehmen nicht unterschätzen, wie gut BewerberInnen im Vorfeld bereits informiert sind. „In Zeiten des Internets lässt sich so gut wie alles recherchieren. Gehaltsschema, Kollektivverträge, Bewertungen des Arbeitgebers … auch Mundpropaganda hat Auswirkungen auf die Entscheidung von BewerberInnen“, sagt Daniel Edelsbacher. Das alles muss noch kein Entscheidungskriterium für BewerberInnen sein. Doch gerade moderne, junge ArbeitnehmerInnen gehen mit einer gewissen Erwartungshaltung in den Bewerbungsprozess. Ein Job muss ihnen eine langfristige Perspektive bieten, ihren Wertvorstellungen entsprechen, Work-Life-Balance ermöglichen. Es genügt also nicht, als Unternehmen einfach eine Stelle auszuschreiben. Es geht darum, ein Image nach außen zu transportieren, das von vornherein die „richtigen“ BewerberInnen anlockt und sich von anderen Unternehmen abhebt. Genau hier setzt Employer Branding an.

Eine Jobzusage muss für beide Seiten passen.
Eine Jobzusage muss für beide Seiten passen. 

Employer Branding – eine Marke werden

Unter Employer Branding versteht man die Entwicklung einer unverwechselbaren Arbeitgebermarke. Das heißt: „Man erarbeitet eine Strategie, um sich als attraktiver Arbeitgeber auf dem Markt zu positionieren – und zwar intern wie extern. Das ist ein Prozess, der im Unternehmen implementiert und von der Geschäftsleitung bis zu den MitarbeiterInnen mitgetragen werden muss“, erklärt Daniel Edelsbacher. Eine reine HR-Maßnahme oder Werbung nach außen ist also nicht genug für Employer Branding. Am Anfang steht ein interner Prozess, in dem wichtige Fragen beantwortet werden müssen, wie: Was bietet unser Unternehmen? Wie sehen unsere eigenen MitarbeiterInnen unseren Betrieb? Wie wollen wir uns im Vergleich zum Mitbewerb positionieren? Und welche Benefits bieten wir neuen MitarbeiterInnen?

Besonders wichtig ist aber die Definition der Unternehmenskultur, sagt Daniel Edelsbacher: „Sie ist das wesentliche Unterscheidungsmerkmal zu anderen Marktbegleitern. Ein Beispiel: Zwei Logistikunternehmen in Graz suchen ein- und dasselbe Personal, haben denselben Kollektivvertrag und dieselben Benefits. Jedoch schreibt das eine Unternehmen eine Stellenausschreibung in der Du-Form aus, während das andere potenzielle BewerberInnen siezt. Das ist für BewerberInnen bereits ein Anhaltspunkt für die gelebte Unternehmenskultur der einzelnen Betriebe.“

Dass diese Werte und Handlungen nicht nur extern kommuniziert, sondern auch intern gelebt werden müssen, versteht sich bei Employer Branding von selbst. Das schließt z. B. eine wertschätzende und transparente Kommunikation, Gespräche auf Augenhöhe und eine gut strukturierte Einarbeitungsphase und Einführung ins Unternehmen mit ein. All das sind Maßnahmen, die Absagen von BewerberInnen reduzieren können. Sie sind aber nur ein Teil einer gesamtunternehmerischen Strategie.

 „Employer Branding“ am WIFI Steiermark

Wie man diese Strategie erarbeitet und wie die Umsetzung in die Praxis gelingt, lernen Interessierte im Lehrgang „Employer Branding“ am WIFI Steiermark. Ziel des Kurses ist ein breites Verständnis für Employer Branding, seine Funktionen und die Auswirkungen auf verschiedene Bereiche des Unternehmens. Themen sind unter anderem Generationen- und Talentmanagement, Recruiting und Mitarbeiterbindung, Social Media als Recruiting-Tool und Marketing. „Wir starten also bei den Basics und gehen hin bis zur Umsetzung. Die TeilnehmerInnen entwickeln auf Grundlage des Gelernten ein eigenes Konzept und präsentieren es am Ende. Es gibt sogar TeilnehmerInnen, die mit ihrem Konzept im Anschluss direkt zu ihrer Geschäftsleitung gehen und es dort vorstellen. Und das ist genau das, was wir mit unserem Lehrgang erreichen wollen“, erzählt Daniel Edelsbacher.

Da das Thema Fachkräftemangel mittlerweile fast alle Branchen erreicht hat, stammen auch die TeilnehmerInnen aus unterschiedlichsten Geschäftsfeldern und Unternehmenspositionen – ein fast unermesslicher Erfahrungsschatz, der allen KursteilnehmerInnen zugutekommt. Employer Branding ist also wesentlich mehr als eine Recruiting-Strategie. Es ist ein neuer Blick auf das eigene Unternehmen, auf die eigenen Werte und auf die MitarbeiterInnen – und dort genau hinzuschauen, lohnt sich auf jeden Fall.

 

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Fotos: Adobe Stock – mapo, Alexander Raths

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