Zwischen YOLO und Burnout: Umgehen mit der Generation Digital

Hart umkämpfte Arbeitsmärkte, digitale Vereinsamung, globale Unsicherheit: Die „Generation Digital“ steht vor zahlreichen Herausforderungen. Und viele davon hinterlassen bereits ihre (psychischen) Spuren. Zugleich ist es aber eine Generation, die mehr Freiheiten hat als je zuvor. Wie also unterstützt man als Ausbilder Jugendliche, die von einem Extrem ins andere zu kippen scheinen?

Sprechen ältere Generationen über die „Jugend von heute“, passiert das oft in einem negativen Kontext. Jugendliche werden als Faulenzer angesehen, die lieber streiken, am Handy hängen und um die Welt jetten, als „was zu hackeln“ – überspitzt formuliert. Dabei ist die Realität der „Generation Digital“ eine ganz andere.

Studien zeigen, dass die „Digital Natives“, die etwa ab der Jahrhundertwende geboren sind, ein höheres Risiko haben ein Burnout zu erleiden als jede Generation vor ihr. Auch Depressionen im jungen Alter sind keine Seltenheit mehr. Globale Krisen und Terror, der Klimawandel, eine schlechte Arbeitsmarktsituation und der Druck sozialer Kanäle steigern die Problematik zusätzlich.

Zugleich ist die „iGeneration“ aber auch die Generation, die die zukünftige Arbeitswelt maßgeblich gestalten wird. Denn sie weiß, dass ihre Arbeitskraft geschätzt wird – „schuften“ ist schlichtweg out. Aber wie geht man mit dieser Diskrepanz gerade als Ausbilder oder zukünftiger Arbeitgeber um?

Petra Gabler WIFI Steiermark Ausbilder Ausbilderakademie Ausbildertraining
In ihrer Arbeit mit Jugendlichen und jungen Auszubildenden bemerkt Petra Gabler als Psychologin und WIFI Steiermark-Trainerin starke Diskrepanzen zwischen sozial kompetenten Jugendlichen und jenen aus problematischen Umfeldern.

Jugendliche suchen Vorbilder

Petra Gabler ist Psychologin und Trainerin an der WIFI Steiermark Ausbilderakademie. In ihrer Arbeit mit Jugendlichen und jungen Auszubildenden fällt ihr vor allem die „Schere“ auf, die sich zwischen den Jugendlichen auftut: „Auf der einen Seite sind da die Jugendlichen, die sozial kompetent sind und sich einfach alles zutrauen. Auf der anderen Seite gibt es die, die Angst davor haben, eine Lehre oder Ausbildung anzufangen, da sie befürchten, dass sie es nicht schaffen.“

Diese Jugendlichen kommen meist aus sozial schwachen Familien oder problematischen Umfeldern. Es fehlt ihnen an Unterstützung und Vorbildern, denen sie nacheifern können. Manche suchen sich diese online und auf Social Media-Plattformen, wo sie durch Likes und Klicks Anerkennung erfahren. „Influencer als Berufswunsch habe ich nicht nur einmal gehört“, erzählt Frau Gabler, „Wobei die meisten Jugendlichen durchaus wissen, dass das oft mehr Schein als Sein ist.“

Als Ausbilder ein Vorbild sein

Dennoch zeigen diese Beispiele, in welcher Lebensrealität sich die „Jugendlichen von heute“ bewegen. Es gilt also besonders im Bereich des Ausbilder-Trainings, von vornherein einen Zugang auf Augenhöhe zu jugendlichen Auszubildenden zu schaffen. Denn immer öfter geht es nicht nur um die Vermittlung beruflicher Kenntnisse, sondern auch um Persönlichkeitsentwicklung.

Um Jugendliche in ihrer Ausbildung bestmöglich zu unterstützen, bedarf es also mehrerer Schwerpunkte:

  • Förderung von Schlüsselkompetenzen

Dazu gehören u.a. kommunikative Kompetenzen, aber auch logisches und lösungsorientiertes Denken. Also Kompetenzen, die im Berufsleben genauso wie im Privaten nötig sind.

  • Lebenswelt erkennen und verstehen

Jugendliche leben und lernen heute anders als die Generationen vor ihnen. Das heißt, dass sie auch andere Bedürfnisse und Vorstellungen haben. Wertschätzung und Anerkennung dafür sind wichtige Bausteine in der Beziehung zwischen Lehrling und Ausbilder.

  • Vorbildwirkung leben

„Jugendliche sind immer auf der Suche nach Modellen, an denen sie sich orientieren können“, sagt Petra Gabler. Darum ist es als Ausbilder umso wichtiger, als gutes Beispiel voranzugehen und genau das vorzuleben, was man den Jugendlichen vermitteln will.

  • Feedback- und Fehlerkultur etablieren

Nicht alle Jugendliche erhalten von ihrem Umfeld die Unterstützung, die sie brauchen. Indem man ihnen Feedback gibt und Fehler zugesteht, erhalten sie wertvolle Orientierungshilfen für ihren weiteren Lebens- und Berufsweg.

Work-Life-Balance neu denken

Angepasste Lern- und Vermittlungsstrategien sind aber nicht die einzige Maßnahme, die für die „Generation Digital“ relevant sein wird. Petra Gabler sieht vor allem langfristige Veränderungen als Ziel: „Man muss sich die Frage stellen, ob sich unsere Sichtweise auf die Work-Life-Balance ändern muss. Die Generation Digital ist auf Dauer schwer zu motivieren – das erfordert vielleicht auch andere Arbeitsmodelle.“

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Foto: Adobe stock – Kaspars Grinvalds

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